Wichtig zu wissen: Sex statt Steuern
Ruedi Widmer blickt aufs Land
Es liegen zwanzig Jahre zwischen dem ersten zögerlich gezeichneten Messerstecherinserat und den Leni-Riefenstahl-Willensfilmen des diesjährigen Wahlkampfs: Die SVP zieht die Schraube langsam, aber beharrlich an. Ausser Lukas Bärfuss äussert sich kaum noch jemand zur Radikalisierung. Die meisten sind einfach still. Sie tun genau das, was sie bei den MuslimInnen kritisieren, wenn es darum ginge, sich gegen die IslamistInnen zu wehren.
Wer sich von der SVP «mehr Geld im Portemonnaie» verspricht, sollte nicht allzu viel erwarten. Die Steuern werden bald massivst erhöht oder in Naturalien oder Sex beglichen werden müssen.
Wenn die SVP den Gesamtbundesrat stellt, wie ihre WählerInnen dies bestellt haben, und zwar mit einem reinen Männergremium aus Oskar Freysinger (VS), Erich Hess (BE), Toni Brunner (SG), Gerhard Pfister (ZG), Mario Fehr (ZH), Andreas Glarner (AG) und Magdalena Martullo-Blocher (GR) – Zusatzzahl: Roger Köppel (ZH) – wird die Schweiz nicht zum neoliberalen Nachtwächterstaat mit sprudelnden Geldquellen für die Reichen und florierender Sklavenwirtschaft, sondern zu einer der teuersten und ineffizientesten Staatsorganisationen der Welt.
Alleine die arbeitslosen SchweizerInnen, die anfallen, wenn Firmen wegen der Überalterung, der Rechtsunsicherheit, der Willkür, der fehlenden Menschenrechte und der Abschottung die Schweiz verlassen und sich in den USA und Lateinamerika ansiedeln, werden Abermilliarden an Sozialkosten verursachen. So ist es günstiger, sie bis 67 der Armee zuzuführen, deren Bestand gegen vier Millionen Besoldete gehen wird und bei der es nur dumm wäre, diese nicht endlich in einem Krieg gegen die USA einzusetzen; natürlich unserer humanitären Tradition verpflichtet zusammen mit den europäischen Alliierten aus Putinrussland, Lepenfrankreich, Lutzdeutschland, Orbanungarn und Stracheösterreich. Doch dies bleibt wohl ein Traum der internationalen NationalistInnen, denn die meisten sind nationale NationalistInnen und wollen lieber gleich mit dem Nachbar balkanesk Grenzstreitigkeiten ausfechten als koordiniert gegen den grossen Satan USA kämpfen, wo man gar noch mit dem IS und al-Kaida zusammenarbeiten müsste, was zwar gewalttechnisch okay wäre, nicht aber wegen der Kleider (Pyjamas). Zum Glück kann ein Teil der unbeschäftigten Schweizermasse für die Paraden und Fahnenspiele der Christoph-Blocher-Verherrlichungswochen eingesetzt werden, wo auf den Tribünen des Stade de Suisse Anker-Bilder mit Farbtafeln nachgestellt werden.
Die Investitionen in Bauernstand und Armee werden das BIP kurzzeitig befeuern, aber wenn kein Waffengang mit grossem Gewinn von Territorium oder Bodenschätzen folgt, wird es still im Land. Die Ausschaltung der politischen GegnerInnen ist irgendwann vorbei. Die SVP-Fans werden langsam selber aufmüpfig. Die organisierten Abendlandspaziergänge für Arbeitslose durch die muslimfreie Schweiz verlieren bald ihre Wirkung. Auch das Interesse an der Widmer-Schlumpf-Beschimpfung in Felsberg schwindet (nur noch 100 000 BeschimpferInnen; im Vorjahr waren es noch 800 000). Es gibt kein Benzin mehr. Die Cayennes und X6 stehen still. Die Sanktionen der USA und ihrer verbliebenen Verbündeten greifen. Auch Bundeskanzler Lutz Bachmann kann keines liefern. Die deutschen Panzer werden zwar mit Windkraft betrieben, aber die blöden VWs haben alle deutschen Treibstoffreserven geschluckt.
Ruedi Widmer ist Cartoonist in Winterthur, 300 Meter westlich von Christoph Blochers Gemäldesammlung.