Ständeratswahlen: Die SP gewinnt mit links

Nr. 47 –

Sitze verteidigt in Bern, Solothurn und St. Gallen: Die SP ist im Ständerat mit zwölf Mandaten so stark wie nie. Nach dem Erfolg von Christian Levrat im konservativen Fribourg zeigt auch die Wahl von Paul Rechsteiner in St. Gallen: Die SP kann nicht nur gewinnen, wenn sie sich in der Mitte anbiedert. Nachdem Daniel Jositsch im Kanton Zürich – nicht zuletzt dank einer vorteilhaften Berechnung des absoluten Mehrs – im ersten Wahlgang in den Ständerat gewählt worden war, witterte der rechte Flügel der Partei Morgenluft. Sekundiert vom Zürcher SP-Regierungsrat Mario Fehr, will Jositsch eine sozialliberale Plattform gründen: Neues WählerInnenpotenzial sei bloss in der Mitte zu gewinnen, die SP klar zu links positioniert.

Paul Rechsteiner beweist in St. Gallen das Gegenteil. Der Kanton ist hartes konservatives Terrain. SVP und FDP kamen bei den Nationalratswahlen Mitte Oktober auf mehr als fünfzig Prozent der Stimmen. Wollte Rechsteiner gegen SVP-Kandidat Thomas Müller gewinnen, musste er mehr als ein Viertel der Stimmen bei Bürgerlichen holen. Das schaffte er – wobei er die Mitte mit angriffigen linken Positionen eroberte: Den LeserInnenbriefen vor der Wahl zufolge geniesst er wegen seiner Beharrlichkeit das Vertrauen der Bevölkerung. Eine breite Bewegung aus Linken, Umweltverbänden, Kulturschaffenden und einem bürgerlichen Komitee machte sich für ihn stark. Rechsteiner gewann nicht nur die Städte St. Gallen und Rorschach – wo Müller als Stadtpräsident amtet –, sondern auch Agglogemeinden wie Flawil.

Noch etwas zeigte sich in St. Gallen: Wenn der Linken etwas nützt, dann gleich lange Spiesse bei der Parteienfinanzierung. Nach dem 18. Oktober war die nationale SVP-Propaganda zum Erliegen gekommen. Ohne die ständige Präsenz von SVP-Parolen wie «Frei bleiben» konnten plötzlich Diskussionen über die Zukunft des kaputt gesparten Kantons geführt werden. Flugs schickten die StimmbürgerInnen auch ein rückschrittliches Raumplanungsgesetz bachab.