Kulturpublizistik: «Sponsoring muss prominent ausgewiesen werden»

Nr. 50 –

Ein Vizepräsident des Schweizer Presserats kritisiert das Geschäftsmodell der Kulturzeitschrift «Du». Dass es auch anders geht, zeigt der Architekturverlag «Hochparterre».

Schon versteigert: Das neuste «Du» hat die Charlotte-Kerr-Dürrenmatt-Stiftung gekauft. Foto: WOZ

Bis zu einem Drittel der Kosten einer Ausgabe via Sponsoring finanziert und das gegenüber den LeserInnen zumeist nicht ausgewiesen; ein Verleger und Alleinredaktor in Personalunion, der die redaktionelle Betreuung einer Ausgabe wiederholt an jene Kulturinstitutionen auslagert, denen jeweils ein ganzes Heft gewidmet ist: In ihrer letzten Ausgabe hat die WOZ das Geschäfts- und Redaktionsmodell aufgeschlüsselt, das bei der Kulturzeitschrift «Du» herrscht, seit Oliver Prange den renommierten Titel 2007 übernommen hat (siehe WOZ Nr. 49/2015 ).

Dass dieses Modell aus medienethischer Sicht bedenklich ist, bestätigt auf Anfrage Max Trossmann, Vizepräsident des Schweizer Presserats. Das Selbstregulierungsorgan der Medien legt in seinen Richtlinien fest, dass bei gesponserten Medienberichten der Name des Sponsors transparent zu machen sei. Die freie Themenauswahl und -bearbeitung durch die Redaktion seien zu gewährleisten. Er möchte das Geschäftsmodell mit Sponsoren nicht von Anfang an verdammen, sagt Trossmann. «Transparenz über das Sponsoring herzustellen, ist aber ganz wesentlich», so der Historiker und Publizist. Je nach Finanzierungsgrad müssten die SponsorInnen für die LeserInnen «verhältnismässig prominent» vermerkt sein. Zwingend sei dafür eine redaktionelle Rubrik, etwa unter dem Titel «In eigener Sache», im Editorial oder gleich auf dem Cover.

Noch gravierender als die mangelnde Transparenz bei den Sponsoren ist für Trossmann das Fehlen einer unabhängigen Redaktion beim «Du». «Oliver Prange kann sich nicht zerreissen», meint er über den Kollegen, den er seit einer früheren Zusammenarbeit beim Wirtschaftsmagazin «Bilanz» persönlich kennt. «Prange trägt sowohl den Hut als Journalist wie den als Verleger wie auch den als Besitzer.» Die Wiedereinführung einer Redaktion wäre nach Trossmann angebracht, auch wenn das finanziell wohl nicht ganz einfach sei: «Nur eine Redaktion mit mehreren Personen kann einen Gesprächsaustausch über Abhängigkeiten führen.» Sie ermögliche auch eine Beurteilung externer AutorInnen. «Die Redaktion auszulagern, das geht gar nicht.»

Raubrittertum verhindern

Wie eine saubere Querfinanzierung möglich ist, zeigt der Architekturverlag Hochparterre. Dieser gibt zehnmal im Jahr die Zeitschrift «Hochparterre» heraus, die frei ist von Sponsoring. «Hier handeln wir streng nach alter Schule», sagt Chefredaktor Köbi Gantenbein. (Der Transparenz halber: Gantenbein ist auch Volksmusik-Korrespondent der WOZ.) Mit der Zeitschrift werden an die AbonnentInnen sogenannte Themenhefte verschickt, die von Sponsoren mitfinanziert werden. Ihre Unterstützung ist im Impressum sowie auf dem Umschlag mit Logo ausgewiesen. Im laufenden Jahr erschienen etwa Hefte über die Renovation einer Berghütte, einen Immobilienentwickler oder über Leuchttechnologien.

«Es braucht institutionelle Barrieren, damit die Berichterstattung der Zeitschrift unabhängig ist», sagt Gantenbein. Das Wichtigste sei eine Redaktionskultur, die bei heiklen Fragen den Austausch pflege. Für ein Themenheft müssten zudem zwei von drei Kriterien erfüllt sein: die Lust der Redaktion, das Gewicht des Themas und das Geld. «Allein die Aussicht auf eine schöne Raubritterei genügt nicht», sagt Gantenbein. Eine letzte Sicherung sei, dass er als Chefredaktor die Verhandlungen über Themenhefte führe und damit auch für Fehler geradestehen müsse. Die Einnahmen aus der Zeitschrift, aus den Themenheften und aus dem Onlineauftritt fliessen alle in die gleiche Kasse.

Als Tamedia das «Du» 2003 abstiess, gehörte «Hochparterre» übrigens zu den Mitbietern in der Schlussrunde. Den Zuschlag erhielt damals der thurgauische Niggli-Verlag. Von dort ging die Zeitschrift weiter an Prange. Was dieser in Zukunft mit dem Heft vorhat, bleibt offen – immerhin scheint er die Kritik zur Kenntnis zu nehmen. Erschienen ist soeben die Dezembernummer zu Friedrich Dürrenmatt. Im Impressum werden die Zusammenarbeit mit dem Centre Dürrenmatt sowie der Sponsor ausgewiesen. Eine wiederholte Anfrage der WOZ zu seiner Geschäftspraxis liess Prange aber auch diese Woche unbeantwortet.

Kultur nicht im Kern?

Auf die Recherche eingegangen ist dafür die NZZ. Medienkritiker Rainer Stadler schrieb, in den journalistischen Kernzonen von Politik und Wirtschaft sei die Finanzierungspraxis von Prange gewiss höchst heikel. Darüber hinaus komme es aber darauf an, ob der Geldgeber einer Redaktion «den sachlich nötigen Freiraum» gewähre. – Einmal abgesehen von der Frage, wieso bei der Kultur oder im Sport plötzlich andere journalistische Grundsätze gelten sollen als in anderen Bereichen: Wenn Hefte über das Zürcher Schauspielhaus oder die Solothurner Filmtage vom Schauspielhaus respektive von den Filmtagen redaktionell mitbetreut werden, fragt man sich allerdings, wo da der sachlich nötige Freiraum liegen soll.