Auf allen Kanälen: Wer die Informationen beherrscht

Nr. 2 –

Ein neues Gesetz beschränkt den Einfluss ausländischer InvestorInnen auf russische Medien.

«Wedomosti»

Im Kreml geht die Angst um. Am meisten scheint man sich dabei vor dem Einfluss «westlicher Ideologie» auf Russlands Bevölkerung zu fürchten. Deshalb verfolgt die Justiz unliebsame Nichtregierungsorganisationen, die Geld aus dem Ausland erhalten, als «ausländische Agenten». Wohl auch deshalb hat die Regierung «homosexuelle Propaganda» unter Strafe gestellt. Und deshalb hat das Parlament auch ein neues Mediengesetz verabschiedet, das am 1. Januar in Kraft getreten ist. Ausländische InvestorInnen dürfen nun nicht mehr als zwanzig Prozent der Anteile an einem in Russland verbreiteten Medium besitzen.

Bereits seit 2009 müssen sich ausländische Medien in Russland registrieren lassen – auch wenn sie aus dem Ausland berichten. Und seit 2010 dürfen ausländische InvestorInnen nicht mehr als fünfzig Prozent der Anteile an russischen Medien halten. Doch waren von den früheren Massnahmen ausschliesslich Fernseh- und Radiosender betroffen, gilt das neue Gesetz auch für Printmedien.

Die Hintergründe der neuen Regelung hatte ein Duma-Abgeordneter erklärt, als das Parlament über die Vorlage abstimmte. «Wer die Informationen beherrscht, beherrscht die Welt», sagte er im November 2014. Europäische und amerikanische Medien hätten es darauf abgesehen, «die russische Bevölkerung dazu zu bringen, ihr Land, ihre Kultur, ihre Geschichte und ihr politisches System durch eine aufgezwungene Brille zu betrachten». Das Staatsfernsehen lässt entsprechend keine Gelegenheit aus, diese angebliche «westliche Einflussnahme» zu verteufeln.

Abschied aus Russland

Ein Jahr haben die Unternehmen nun Zeit, ihre Anteile zu reduzieren und die Firmenstruktur anzupassen. Diese Frist wollen viele InvestorInnen jedoch gar nicht erst abwarten. In vorauseilendem Gehorsam zogen sich bereits mehrere Konzerne aus dem russischen Markt zurück. Als Erstes hörte Ende 2014 CNN auf, aus Russland zu senden. Der US-Fernsehsender behielt zwar ein Büro in Moskau, stellte aber den Betrieb seines englischsprachigen Kanals ein. Auch andere internationale Firmen haben sich bereits verabschiedet. Im vergangenen Sommer verkaufte der Schweizer Konzern Edipresse, der in Russland vor allem Fachtitel im Architektur- oder Lifestylebereich vertrieb und zu den grösseren Medienunternehmen des Landes gehörte, seine Anteile.

Neben diesen politisch unbedenklichen Medien sind auch Titel wie die russische Ausgabe des «Forbes»-Magazins oder das Wirtschaftsblatt «Wedomosti» betroffen, die in der Vergangenheit vor allem im Ausland mit kremlkritischen Recherchen für Aufsehen sorgten. Der deutsche Axel-Springer-Konzern, der das Wirtschaftsmagazin «Forbes» vertrieb, hat seine Anteile an einen russischen Verleger verkauft. Und auch die Zeitung «Wedomosti», die teilweise dem finnischen Verlag Sanoma gehörte, ist in die Hände eines russischen Unternehmers übergegangen.

Alles unter Kontrolle

Auch wenn die neuen EigentümerInnen dem Kreml wohl näherstehen als die alten, nichtstaatliche ausländische Medien also in staatsnahe Hände übergehen – an der Berichterstattung der verkauften Titel dürfte das neue Gesetz wenig ändern. Alle Veröffentlichungen unterliegen ohnehin der Kontrolle der russischen Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor.

Ohne Wissen der Führung können kritische Texte also gar nicht erscheinen. Für den Kreml erfüllen sie vor allem eine Funktion: Ihre Veröffentlichung suggeriert eine intakte Medienlandschaft – und eine Pressefreiheit, die es weder in der Sowjetunion noch in Russland je wirklich gab. Im Land selbst bleiben Investigativrecherchen derweil meistens ohne Wirkung. An Enthüllungen wie der Recherche zum Imperium der Familie Tschaika von Antikorruptionskämpfer Alexej Nawalny (siehe WOZ Nr. 52/2015 ) hat das russische Publikum ohnehin kein Interesse, die Führung keine Konsequenzen zu fürchten.

Bei der Bevölkerung dürfte das neue Gesetz denn auch nicht als Angriff auf die Pressefreiheit verstanden werden. Viele werden die Massnahme eher als Zeichen werten, dass der Kreml keine Mühen scheut, den «schädlichen Einfluss des Westens» einzudämmen.