Korruption in Südafrika: Noch ist er nicht gefallen
Südafrikas Präsident Jacob Zuma ist tief in Korruptionsskandale verstrickt. Besonders seine enge Beziehung zu drei schwerreichen Brüdern macht ihm nun zu schaffen.
Südafrika ist in Aufruhr: Vor den Unis demonstrieren StudentInnen gegen hohe Studiengebühren und ein nach wie vor koloniales Bildungssystem, in den Platinminen streiken die Bergarbeiter gegen unfaire Arbeitsbedingungen, und immer wieder formieren sich neue Protestbewegungen gegen das wirtschaftspolitische Establishment in Südafrika. Zuletzt etwa «Nangu umfazi omnyama» (Hier kommt die schwarze Frau), eine Gruppe von jungen Feministinnen, die sich gegen die korrupte herrschende Klasse und das patriarchale System insgesamt wehren. Zur schlechten Stimmung in der Bevölkerung tragen insbesondere die immer neuen Enthüllungen rund um Staatspräsident Jacob Zuma bei, der in mehrere Korruptionsskandale verwickelt ist. Hunderttausende fordern unter #ZumaMustFall das Staatsoberhaupt zum Rücktritt auf. Selbst im regierenden African National Congress (ANC) verliert der frühere Bürgerrechtsaktivist an Rückhalt.
Haussanierung auf Staatskosten
Als vor zwanzig Jahren die neue Verfassung in Kraft trat, war der Jubel in der Bevölkerung gross: Nach langen Jahren des politischen Widerstands waren die Apartheidstrukturen schrittweise aus der Gesetzgebung verschwunden, bis mit der am 9. Mai 1996 verabschiedeten Verfassung alle StaatsbürgerInnen die gleichen Rechte erhielten. Der damalige Staatspräsident Nelson Mandela stand mit seinem ANC für Transparenz und Integrität. Heute hält die Partei mit über sechzig Prozent der Sitze noch immer die Mehrheit im Parlament. Doch der Grund dafür liegt primär in ihren früheren Verdiensten.
Längst repräsentiert der ANC die korrupte herrschende Klasse, und der Staatspräsident verstrickt sich immer öfter im eigenen Filz aus Amts- und Machtmissbrauch. Eine Vertrauensabstimmung im Parlament Anfang April hat er zwar überstanden. Aber die Gunst der Bevölkerung Südafrikas hat Jacob Zuma zu einem Grossteil verspielt: Eine Woche vor dieser Abstimmung urteilte das höchste Gericht des Landes, Zuma habe die Verfassung missachtet, als er mit umgerechnet sechzehn Millionen Franken aus der Steuerkasse sein privates Anwesen renovieren liess. Er muss das Geld nun zurückzahlen. Dass die zuständige Behörde zuvor Zumas Swimmingpool als «Reservoir im Fall eines Brandes» deklarierte, zeigt die Unverfrorenheit im ganzen politischen System.
Die drei Brüder
Besonders zu schaffen machen Zuma derzeit die jüngsten Enthüllungen, die seine Verstrickungen mit den Gupta-Brüdern belegen. Ajay, Atul und Rajesh Gupta sowie ein Neffe der Familie immigrierten in den neunziger Jahren aus Nordindien nach Südafrika, gründeten die Computerfirma Sahara und wurden schon bald mit Medien- und Energieunternehmen sowie mit Firmen im Rohstoffsektor reich – alles unter der Holdinggesellschaft Oakbay Investments.
Auf gute Beziehungen zu den MachthaberInnen waren die Guptas von Anfang an aus: Die Familie wurde zur Grossspenderin der Regierungspartei und baute enge Bande zu Staatspräsident Zuma auf. So verschaffte sich die Oakbay-Gruppe beispielsweise Förderlizenzen von Kohlegruben und damit zunehmend Einfluss im südafrikanischen Energiesektor. Immer wieder wurden die Gupta-Firmen von der Regierung bei Grossaufträgen und Schürfrechten bevorzugt – selbst wenn andere Firmen wesentlich bessere Offerten einreichten.
Auch der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore bekam die Macht der Guptas zu spüren: Unter Druck des staatlichen Stromproduzenten Eskom sah sich Glencore gezwungen, seine Kohlemine Optimum zu einem Spottpreis an die Gupta-Firma Tegeta Exploration & Resources Ltd. zu verkaufen. Den Deal trieb der kurz zuvor ins Amt als Minister für Minen berufene Mosebenzi Zwane voran, ein langjähriger Vertrauter der Gupta-Familie. Von der Transaktion profitierte letztlich aber auch ein Mitglied der Familie Zuma: Wenige Tage vor dem Deal hatte Tegeta rund zwei Drittel ihrer Anteile an Mabengela Investments überschrieben, die zu 45 Prozent Jacob Zumas Sohn Duduzane gehörte. Mabengela wurde inzwischen in die Minenholding Shiva integriert, an der Duduzane Zuma ebenfalls mit zehn Prozent beteiligt ist – und die er zusammen mit Atul Gupta leitet.
Ihren Ruf endgültig beschädigten die «Zuptas», wie die Zumas und Guptas in Filzunion genannt werden, als bekannt wurde, dass die Guptas sogar politische Führungsposten vergeben wollten. Der stellvertretende Finanzminister Mcebisi Jonas erklärte beispielsweise, die Guptas hätten ihm letztes Jahr die Beförderung zum Minister angeboten, wenn er ein milliardenschweres Atomprogramm der Regierung unterschreibe, an dem die Guptas mitverdienen würden – und zwar anstelle des damals noch amtierenden Nhlanhla Nene, der sich stets gegen das geplante Kraftwerk gewehrt hatte. Wenig später war Nene übrigens ohne Begründung gefeuert worden.
Opposition hofft auf Lokalwahlen
Inzwischen sollen die Gupta-Brüder sich nach Dubai abgesetzt haben. Ihr Firmenimperium droht auseinanderzubrechen. Die Buchprüfungsfirma KPMG hat die Geschäftsbeziehungen mit ihren Unternehmen abgebrochen, und drei Grossbanken haben die Konten der Gupta-Firmen eingefroren. Der millionenschwere Clan bestreitet sämtliche Vorwürfe und spricht von einer politischen Kampagne. Wegen der eingefrorenen Konten seien Tausende von Arbeitsplätzen bedroht, weil die Löhne nicht mehr bezahlt werden könnten. Duduzane Zuma ist auf öffentlichen Druck hin als Verwaltungsrat von Oakbay Investments zurückgetreten.
Sowohl ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe als auch der Gewerkschaftsdachverband Cosatu fordern nun eine unabhängige Untersuchungskommission, die den wirtschaftspolitischen Filz unter die Lupe nehmen soll. Die Opposition will ein Amtsenthebungsverfahren gegen Zuma einleiten. Dafür wäre aber eine Zweidrittelmehrheit nötig, was angesichts der komfortablen Mehrheit des regierenden ANC schwierig werden dürfte. In der Bevölkerung ist der Staatspräsident jedenfalls durchgefallen.
Ob sich die SüdafrikanerInnen nun trauen, an der Urne gegen ihre ehemalige Freiheitspartei zu votieren, wird sich weisen: Im August stehen Kommunalwahlen an. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Oppositionspartei Democratic Alliance noch einmal zulegen und nach dem Westkap nun auch das Ostkap erobern könnte: Der seit 1994 regierende ANC wird um die Metropolen Johannesburg und Port Elizabeth fürchten müssen.
Filz bis in die Schweiz
Der Zuma-Clan taucht wenig überraschend auch in den Panama-Papieren auf. Eingefädelt von Präsident Jacob Zuma, erwarb die Offshore-Firma Caprikat Limited 2010 Förderkonzessionen für Ölfelder in der Demokratischen Republik Kongo. Zeichnungsberechtigt bei Caprikat war sein Neffe Khulubuse Zuma. Die Panama-Papiere zeigen ein verschachteltes Konstrukt: Caprikat gehört einem Investment Fund auf den Cayman Islands, der von zwei Stiftungen in Liechtenstein kontrolliert wird, die ihrerseits von zwei Trusts in Gibraltar gesteuert werden. Als Direktor von Caprikat fungierte der Genfer Anwalt Marc Bonnant. Die im Ölgeschäft völlig unerfahrene Firma hat nie auch nur ein Fass Öl gefördert, sondern die Lizenzen sehr bald mit hohen Aufschlägen weiterverkauft.