«Weltwoche» vor Gericht: Anonyme Quellen, null Beweise
Man berufe sich auf «mehrere voneinander unabhängige Quellen», anonyme, versteht sich. Und schon hat man einen Skandal. Nach diesem Muster ging «Weltwoche»-Vizechefredaktor Philipp Gut 2014 vor, als er einen «brisanten Fall von Beziehungskorruption» aufdeckte. Harte Belege blieb er schuldig, seine Quellen schützt er. Seine Behauptung: Der Zürcher Geschichtsprofessor Philipp Sarasin soll als Mitglied der Berufungskommission am Historischen Seminar seiner damaligen «Geliebten» Svenja Goltermann im Februar 2012 zur Professur verholfen haben. Sarasin habe das nicht offengelegt und daher gegen die Ausstandsregelungen verstossen.
Sarasin und Goltermann setzten eine Gegendarstellung in der «Weltwoche» durch, in der sie darauf hinwiesen, dass sie erst seit Sommer 2013 ein Liebespaar seien. Wenn schon, dann war demnach die Liebe eine Folge des Berufungsverfahrens – und nicht der Grund für die Berufung. Die beiden klagten straf- und zivilrechtlich.
Diese Woche fand am Bezirksgericht Zürich die Verhandlung im Zivilprozess statt. Das Urteil steht noch aus. Das Paar fordert: Die «Weltwoche» soll ihre Behauptungen unterlassen, Schadenersatz bezahlen und das Urteil publizieren. Der Anwalt der beiden wählte drastische Worte: Die angeblichen Quellen existierten nicht, die Geschichte sei frei erfunden, Gut habe die Gerüchte selber gestreut und anonymen Quellen zugeschrieben. Der Anwalt kann dies so wenig beweisen, wie Gut beweisen kann, dass vor Goltermanns Berufung eine Liebesbeziehung zu Sarasin bestand. Sich anbahnende Liebesbeziehungen haben es an sich, dass sie nicht unbedingt öffentlich ausgelebt werden. Gut wird seine Behauptungen niemals belegen können. Seine Quellen stehen nicht öffentlich zu ihren Aussagen und lassen sich daher nicht überprüfen.
Journalistisch ist Guts Vorgehensweise eine Bankrotterklärung: Lassen sich aus Gerüchten und Hörensagen nicht Fakten herausarbeiten, ist eine Recherche gescheitert. Die Wiedergutmachungsforderungen sind für den «Weltwoche»-Inhaber Roger Köppel Peanuts. Teuer zu stehen kommen wird ihn und seinen Vize womöglich, wenn der Strafprozess gegen Gut Ende September eröffnet wird: Dann steht die ohnehin angegriffene Glaubwürdigkeit der rechten Journalisten auf dem Prüfstand.