«Weltwoche»: Philipp Guts schlechte Angewohnheit
«Die fatalen Folgen eines Fehltritts» heisst der Artikel vom September 2015, aufgrund dessen «Weltwoche»-Vize Philipp Gut am Montag wegen übler Nachrede verurteilt wurde. Gut hatte geschrieben, die damalige grüne Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin habe ihren SVP-Ratskollegen Markus Hürlimann «planmässig» falsch der Schändung beschuldigt. Da Gut nicht nachweisen konnte, dass seine ehrverletzenden Äusserungen wahr sind, verurteilte ihn das Zürcher Bezirksgericht zu einer bedingten Geldstrafe von insgesamt 7800 Franken (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).
Von einem «Fehltritt» kann man bei Philipp Gut kaum sprechen. Der Redaktor vernachlässigt regelmässig die journalistische Sorgfaltspflicht. So hatte er Spiess-Hegglin nie Gelegenheit gegeben, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Erst letzten September war er aufgrund von Artikeln über die Zürcher ProfessorInnen Philipp Sarasin und Svenja Goltermann wegen mehrfacher übler Nachrede verurteilt worden.
Das hielt Gut nicht davon ab, vier Tage vor dem jüngsten Prozess in der «Weltwoche» nachzudoppeln. Er hielt fest, dass die Faktenlage stimme und nur eine Formulierung im ersten Text «überspitzt» sein könnte. Spiess-Hegglin sei zudem auf keine Vergleichsangebote der «Weltwoche» eingegangen. Diese sagt gegenüber der WOZ: «Guts Anwälte hatten mir bis kurz vor dem Prozess mehrfach und nachdrücklich Angebote gemacht. So ein Urteil hat aber eine viel grössere Wirkung und gibt mir und meiner Familie mehr Genugtuung als Geld.»
Hat Philipp Gut also mit einer Niederlage gerechnet? Weder er noch seine Anwälte wollen sich dazu äussern. Gut verweist lediglich auf seinen jüngsten Artikel. Obwohl Spiess-Hegglin einen Vergleich abgelehnt hat, schreibt er, dass sie aus ihrem Fall ein «Geschäftsmodell Sexskandal» gemacht habe. Sie reiche zahlreiche Strafanzeigen gegen Personen ein, die sie im Internet beleidigt hätten, und ziehe diese erst zurück, wenn sie zahlten. Wieder gab er ihr keine Gelegenheit zur Stellungnahme.
Gegenüber der WOZ erklärt Spiess-Hegglin, dass das Geld aus den Vergleichsverhandlungen mit den «Wutbürgern» in den Verein Netzcourage fliesse, der Opfer von Hassrede unterstützt.