Tisa: Hallo, Weltverschwörung!

Nr. 28 –

Das sei doch «politischer Schabernack», empörte sich ein Leserreporter im «Blick». Stein des Anstosses: zahlreiche abgesperrte Brunnen in der Stadt Zürich. Das gelb-schwarz gestreifte Klebeband sprach eine eindeutige Sprache: «Achtung, giftig!» Die Firma Blue Water Zürich AG habe die Wasserversorgung der Stadt übernommen, hiess es dazu auf angeklebten Sicherheitswarnungen. Im Zuge dieser Umstrukturierung könne die Wasserqualität der Brunnen bis auf weiteres nicht mehr gewährleistet werden. «Eine weitergehende Gewässerverschmutzung und gesundheitliche Folgeschäden können nicht ausgeschlossen werden.»

Wer nun verwirrt die unter den Hinweisen angegebene Internetseite öffnete, wurde aufgeklärt: Hinter den abgesperrten Brunnen stehen PolitaktivistInnen, Tisa-GegnerInnen, die vor den Konsequenzen des Dienstleistungsfreihandelsabkommens warnen wollen, über das derzeit in Genf verhandelt wird. Man könnte nun applaudieren – die provokante Aktion verschafft dem Kampf gegen Tisa mehr Aufmerksamkeit! Bravo! –, hätte die Kampagne nicht zwei gewichtige Fehler. Der erste ist augenscheinlich: Vergiftete Brunnen – hallo, Weltverschwörung! Wer mit antisemitischen Motiven politisiert, nähert sich gefährlich der verschwörungstheoretischen Ecke. Davor sollten sich gerade Tisa-AktivistInnen hüten: Wer Geheimverhandlungen kritisiert, ist leicht als VerschwörungshysterikerIn abzutun.

Die jetzige Kampagne hat aber auch schlicht den falschen Inhalt: Die Schweiz hat die Wasserversorgung aus den Tisa-Verhandlungen ausgenommen. Anders als etwa in Deutschland besteht nicht die Gefahr, dass das Trinkwasser bald von privaten Firmen aufbereitet wird. Das von den AktivistInnen heraufbeschworene Szenario wird nicht eintreten. Dabei könnte man genügend Aspekte des Tisa-Abkommens thematisieren: die Liberalisierung des Energiemarktes, des Bildungssystems oder des Gesundheitswesens etwa. Oder den Angriff auf die nationalen Datenschutzgesetze. So jedoch ist die Kampagne tatsächlich politischer Schabernack.