Donald Trump auf dem Kriegspfad: Das Rezept ist narrensicher
«Donald Trump ist über Nacht Präsident der Vereinigten Staaten geworden», schwärmte der bis anhin regierungskritische CNN-Journalist Fareed Zakaria nach dem US-Raketenangriff auf einen syrischen Militärstützpunkt. Er war mit seiner atemlosen Liebeserklärung an den neuen starken Mann nicht allein. Ein Grossteil des publizistischen und politischen Establishments der USA stiess ins gleiche Horn. Die Begeisterung über die fotogene Machtdemonstration reicht politisch von Mitte-rechts (republikanische Falken) bis Mitte-links (demokratische Falken) und erinnert unangenehm an die fiebrige Stimmung vor dem Einmarsch in den Irak im April 2003.
Auch damals schalteten die grossen Medien in vorauseilendem Gehorsam – oder weil sich Krieg besonders gut verkauft – auf Staatspropaganda und boten ein Heer von ausgemusterten Generälen auf, um der Militäroffensive einen Hauch von Strategie und Professionalität zu verleihen. Und auch damals beschränkte sich die Opposition gegen Armeeeinsätze vorerst auf die politische Peripherie: Linke Pazifistinnen und Antiimperialisten fanden und finden kaum Bündnispartner – ausser einer nationalistischen rassistischen Rechten, die aus Prinzip keine dunkelhäutigen Babys retten will.
Die am 7. April von einem US-amerikanischen Kriegsschiff abgefeuerten 59 Tomahawks (ein Materialverschleiss von fünfzig Millionen US-Dollar) haben die Schlagkraft von Präsident Baschar al-Assad kaum beeinträchtigt. Innenpolitisch jedoch bombte sich Trump, der «verrückte Präsident», direkt ins Zentrum der Normalität. Wobei die Normalität dieser waffenstrotzenden Supermacht selbst ziemlich verrückt ist.
Denn die von Trump als Herzensangelegenheit verkaufte Syrienoffensive ist militärisch unwirksam. Der Alleingang der US-Regierung verstösst gegen nationales und internationales Recht. Und die politische Absicht ist unklar und widersprüchlich: Regimewechsel in Syrien? Distanznahme zu Präsident Wladimir Putin? Warnung an China beziehungsweise Nordkorea? Rückeroberung des Postens als Weltpolizist?
Wie auch immer, die Militäraktion an sich hat Trump in den politischen Mainstream gespült. Schliesslich haben seit dem zweiten Golfkrieg von 1991 alle US-Präsidenten, republikanische wie demokratische, eigenmächtig solche Marschflugkörper zu publikumswirksamen «Strafaktionen» abgefeuert. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben die Militarisierung der USA und ihrer Regierung weiter beschleunigt und gefestigt. Nun ist, entgegen allen isolationistischen Wahlversprechen, auch Donald Trump auf den reichlich ausgetretenen Pfad zum ewigen Krieg eingeschwenkt.
Aufgrund der impulsiven narzisstischen Persönlichkeit des Präsidenten und wegen der beispiellosen Unwissenheit seines Kabinetts birgt die neue Normalität jedoch auch ungewohnte und gefährliche Risiken. Die Waffenfähigkeit und Gewaltbereitschaft der USA, die während der Regierung Obama immerhin noch durch bestimmte innen- und weltpolitische Bedenken gebändigt und reguliert wurde, ist nun gepaart mit einer unverschämt aggressiven America-First-Doktrin. Präsident Trump will das Militärbudget massiv erhöhen. Die internationale Politik ist vom unterbesetzten und unerfahrenen Aussenministerium weitgehend ins Verteidigungsministerium ausgelagert worden und entzieht sich somit noch mehr der Transparenz. Die paramilitärische Rolle der CIA wurde ausgeweitet. Der Einsatz von militärischen Drohnen hat sich seit Januar 2017 vervielfacht. Und es gibt Pläne, die Streitkräfte unter anderem in Afghanistan wieder aufzustocken.
Nach dem Raketenangriff in Syrien lieferte Präsident Trump keine einzige ernst zu nehmende politische Einschätzung. Hingegen prahlte er per Tweet, ein dankbarer Syrer wolle seinen neugeborenen Sohn nach ihm Donald nennen. Der neue Mann im Weissen Haus hat bekanntlich ein pathologisch ausgeprägtes Bedürfnis, gelobt zu werden. Nun hat man ihm vorgezeigt: Militärische Aggression ist ein narrensicheres Rezept für robusten Applaus.