Comeback: Das Biest bekämpfen

Nr. 25 –

Wie er da vor diesem riesigen Mischpult sitzt, eingerahmt von seinen drei Bandkollegen, wird Mark Gardener (47) mal so richtig nachdenklich: «Die Nostalgie der Leute ist ein richtiges Biest, dagegen ankämpfen ist schwierig.» Der Beinahe-Rockstar im Moment der Selbsterkenntnis, geplagt von leisen Zweifeln: Wozu dieses Comeback? Bin ich jetzt auch nur ein Wiedergänger meiner selbst, der im Nostalgiezirkus Popmusik mit seinen alten Kunststückchen hausieren geht? Lieben die Leute meine Musik, oder wollen sie doch nur die alten Hits?

Wobei: Hits? Ein etwas zu grosses Wort für die wiedervereinte britische Shoegaze-Band Ride, die es mit «Weather Diaries» (Wichita/Musikvertrieb) nochmals wissen will, über zwanzig Jahre nach ihrem kläglichen letzten Studioalbum samt kläglicher Auflösung. Andere aus ihrer Generation waren grösser und wichtiger, weil sie früher kamen oder später. My Bloody Valentine etwa, die sich nach nur zwei Alben zeitig wieder auflösten, Mythos intakt. Oder Blur und Oasis, die bald darauf die schlierigen, verwehten Gitarren ihrer Vorgänger zum Britpop™ kanalisierten, Stadionkarriere inklusive.

Ride aber sind immer ein uneingelöstes Versprechen geblieben, doch nun, wo sie ihre Auszeit ausgesessen haben, klingen sie tatsächlich wie eine Band, nicht wie pflichtschuldige Erbverwalter in eigener Sache. Rasend interessant ist das ja nicht, was sie da veranstalten. Der vermummte Steinewerfer auf dem Cover gibt der Platte einen politischen Anstrich, und ihre Songs entzünden sich heute am Brexit-Schock oder an Hasardeuren wie Boris Johnson – bloss, ihre Texte klingen noch immer wie Schülerpoesie zum Fremdschämen.

Aber Ride waren immer schon eine Band der Stimmungen, nicht der Inhalte. Also weghören und eintauchen, wenn sie etwa in «Cali» mehrstimmig den kalifornischen Sommer besingen, während die verstrahlten Gitarren ihre Schlieren ins Unendliche ziehen. Gross!