Kost und Logis: Ein Meister seines Fachs

Nr. 25 –

Wie Karin Hoffsten lernte, dass sie von Marketing noch immer wenig versteht

Medienschaffende erhalten oft Einladungen, doch diese war besonders. Gleich sieben WOZ-MitarbeiterInnen sprach ein Herr K. im Mail namentlich an, und ich, die «liebe Frau Hoffsten», fühlte mich sofort berufen. Schliesslich sollte es um ein erlesenes kulinarisches Ereignis gehen, und wo wäre dieses Thema besser aufgehoben als in dieser Kolumne?, dachte ich – ganz speziell für meine lieben Leserinnen und Leser.

«Experimentelle Gastronomie» werde vom Sternekoch mit fünfzehn Gault-Millau-Punkten einem interessierten Publikum geboten, hiess es: Inspiriert durch die Ausstellung «Osiris – Das versunkene Geheimnis Ägyptens» zaubere der preisgekrönte Künstler «ein rein pflanzliches Menu mit biologischen Produkten aus der Region. (…) Passend zum aussergewöhnlichen Ambiente und dem kulinarischen Genuss werden Besteck, Teller und Schalen künstlerisch interpretiert.» Ich wollte dabei sein!

Als winzige Stolpersteine legten sich meiner Begeisterung nur die Kosten in den Weg; der Preis für das «Gesamterlebnis, das Gastronomie, Kunst und Natur spannend vereint», betrug 275 Franken – doch für eine Pressevertreterin würde sich da doch ein Weg finden. Dachte ich.

Also nahm ich mit Herrn K. Kontakt auf, der sich beim telefonischen Rückruf als ausserordentlich sympathisch erwies. Schnell waren wir beim Du – aus Herrn K. wurde M. – und sprachen lange miteinander. Ich erklärte, dass ich sehr gern über den Anlass berichten würde, und M. vertraute mir an, dass er eigentlich froh wäre, wenn ich schon im Vorfeld etwas schreiben und das Ereignis in meinem Netzwerk bekannt machen könne. Man habe fünf Presseplätze vorgesehen, aber noch recht wenige sonstige Anmeldungen erhalten. Als ich bemerkte, der Event habe aber auch einen stolzen Preis, stimmte er zu, erklärte mir jedoch, wie viel Personal und Aufwand hinter so etwas steckten, was wiederum ich verstand. M. versprach, sich zu melden, sobald er wisse, ob der Abend stattfinde und ich teilnehmen könne. Und so vergingen die Wochen.

Das gab mir Zeit, darüber nachzudenken, worum es eigentlich ging: Nicht um Berichterstattung, sondern um ein Gegengeschäft: 1 veganes Sechsgangmenü gegen 1 PR-Text in der WOZ. Die Unbedarftheit, mit der ich einen Platz an der Tafel erwartet hatte, wurde mir je länger, desto peinlicher. Und ich erkannte: Ässe ich gratis mit, wäre auch die nachgängige Berichterstattung von einem Hautgout umweht.

Als ich am Tag vor dem grossen Ereignis per Mail nachfragte, wie es denn jetzt aussehe, antwortete mir M. so lieb, als wären wir seit vielen Jahren eng befreundet: Er bitte um Entschuldigung, aber leider, leider seien die fünf Presseplätze schon vergeben, doch beim nächsten Mal klappe es bestimmt!

Wer auf den fünf Presseplätzen schmauste, verriet mir ein Blick in die Schweizer Mediendatenbank. Doch dass ich Ihnen hier einen komplett geruchsfreien Text bieten kann, macht auch mich glücklich.

Karin Hoffsten ist fest entschlossen, ihre Sechsgangmenüs auch in Zukunft immer selbst zu bezahlen.