Kino-Film «The Wound»: Eruptiv im Verborgenen

Nr. 37 –

Die Wunde, um die es im gleichnamigen Film von John Trengove geht, wird den jungen Männern des südafrikanischen Xhosa-Volks am Penis geschlagen, während eines Initiationsritus. Weniger die Beschneidung selbst als der anschliessende Heilungsprozess und vor allem die begleitende Gemeinschaftserfahrung zeigen den Übergang von der Welt der Kindheit ins Erwachsenenleben an. Ausgesperrt bleiben sollen dabei nicht nur die Frauen, sondern auch alle Formen des Begehrens, die sich der traditionellen Geschlechterordnung entziehen.

In «The Wound» wird diese Ordnung von zwei Figuren destabilisiert, die von Anfang an als Aussenseiter gekennzeichnet sind: Kwanda entstammt einer wohlhabenden Familie aus Johannesburg, anders als die meisten anderen Teilnehmer des Ritus, die ihn deshalb meiden; und auch der etwas ältere Xolani, der als Kwandas persönlicher Betreuer wirkt, bleibt meist auf Distanz zu den übrigen Mitgliedern der Männergemeinschaft. Allerdings wirft er gelegentlich verstohlene Blicke in Richtung des toughen Vitcha. Damit ist ein schwules Liebesdreieck etabliert, das freilich strikt im Verborgenen bleiben muss. Darauf legt insbesondere Vitcha Wert, der zu Hause Frau und Kinder hat.

Am besten funktioniert «The Wound», solange sich Regisseur Trengove ganz auf die Affekte konzentriert: zärtliche Berührungen, brutale Schläge, eruptiver Sex. Eine Sprache der Körper, weil andere Möglichkeiten der Kommunikation blockiert sind. All das weitgehend in freier Natur: Der Film spielt in einer Bergregion, in die sich die Männer für den Ritus zurückgezogen haben. Die agile Kamera setzt beides immer wieder geschickt in ein Verhältnis zueinander: die Weite und die Stille der Landschaft auf der einen, die Nähe und die Dynamik der Körper auf der anderen Seite. Das hat zwischendurch einige Wucht, die allerdings ein wenig davon ausgebremst wird, dass Trengove gleichzeitig ein gleich dreifaches psychologisches Drama entwerfen möchte. Dessen Ende freilich beeindruckt dann doch wieder, in seiner ebenfalls dreifach düsteren Konsequenz.

Ab 14. September 2017 im Kino.

The Wound. Regie: John Trengove. Südafrika 2017