Fussball und andere Randsportarten: Feigheit auf allen Seiten

Nr. 40 –

Etrit Hasler mutmasst über den Kuschelkurs der Fussballliga

Es ist ja eigentlich erstaunlich, dass wir es so weit in die Meisterschaft geschafft haben – immerhin ein Viertel der Saison ist schon durch –, bevor wir den ersten Skandal um prügelnde Hooligans erleben durften. Das Erstaunlichste daran ist, dass es dieses Mal nicht irgendein Fan ist, sondern der Präsident eines Fussballvereins: der berühmt-berüchtigte Sonnenkönig CC von Sion, Christian Constantin. Der ein bisschen weniger durchgeknallte Walliser des Fussballs, wie ich ihn gerne nenne.

Beim Auswärtsspiel in Lugano eskalierte eine seit längerem laufende Fehde zwischen CC und dem arbeitslosen Fussballtrainer und TV-Experten Rolf Fringer: CC verpasste ihm mehrere Ohrfeigen und einen Tritt in den Hintern – teilweise aufgezeichnet von den Kameras des Privatsenders Teleclub. Der perfekte Skandal, der denn auch die nächsten Tage landauf, landab diskutiert wurde.

Es ist nicht das erste Mal, dass CC physisch auf jemanden losgeht: 2004 traf sein Zorn nach einem umstrittenen Penalty zwei Schiedsrichter, wobei er den einen in die Hoden trat. Für diesen Angriff wurde er wegen einfacher Körperverletzung verurteilt, der Tritt zwischen die Beine konnte ihm jedoch nicht nachgewiesen werden – und der Verband liess es damals bei einer äusserst milden Sperre von drei Monaten bewenden.

Zu Recht fragt man sich, weswegen die Liga in den zwei Wochen seit der neuerlichen Attacke noch keine Sanktionen beschlossen hat – jeder «einfache» Fan wäre im Wiederholungsfall vom Verband mit einem lebenslangen Stadionverbot belegt worden. Doch der einfache Fan ist eben nicht CC, der vielleicht streitlustigste Fussballpräsident der Welt, der dabei noch den vielleicht besten Anwalt im Schweizer Fussballbusiness, den ehemaligen Fifa-Generalsekretär Michel Zen Ruffinen, an seiner Seite weiss. Kein Wunder also, war die erste Reaktion von CC, gleich selber eine Zivilklage gegen Fringer einzureichen.

Auf allen beteiligten Seiten scheint es um Feigheit zu gehen. Constantins Angriff auf den eher schmächtigen Fringer ist die feige Tat eines Pausenhofprüglers, da hilft es auch nichts, wenn er sich in den Tagen danach damit verteidigt, er habe den Zwist mit Fringer auf «Walliser Art» regeln wollen. Das Opfer Fringer ist selber auch nicht gerade ein Paradebeispiel heldenhaften Mutes – immerhin gibt er seit Monaten seine Analysen über Constantins Geisteszustand von der sicheren Warte einer Fernsehkamera ab und hat ihn schon als «Narzissten ohne Empathie» beschimpft – was keine Entschuldigung für physische Übergriffe sein darf, aber es wäre naiv zu glauben, dass so etwas keine Konsequenzen hat.

Und nicht zuletzt legt die Schweizer Fussballliga eine Feigheit an den Tag, die sich nur schwer rechtfertigen lässt – aber vielleicht auch ein bisschen verständlich ist. Finanzielle Strafen würden dem Immobilienmogul Constantin nicht einmal ein müdes Lächeln entlocken. Und ein Stadionverbot – so wird gern argumentiert – würde sich kaum durchsetzen lassen. Da Constantin faktischer Besitzer des FC Sion ist, könnten sich die juristischen Verhältnisse kompliziert gestalten – und wenn eines klar ist, dann, dass er jede Sanktion anfechten würde. Seinen letzten Prozess gegen die Liga, als er 2003 gegen die Zwangsrelegation des FC Sion klagte, gewann er schliesslich auch schon.

Und eine Niederlage vor Gericht wäre eventuell nicht einfach nur eine Niederlage gegen CC. Stadionverbote werden von GrundrechtsanwältInnen seit Jahren angefochten, da sie als Universalheilmittel häufig willkürlich ausgesprochen werden – selbst bei Banalitäten. Bei einem Prozess gegen Constantin riskiert die Liga, dass diese Praxis grundsätzlich beleuchtet wird. Und davor fürchtet sich die Liga noch mehr als vor einem Kleinkönig aus dem Wallis, der ab und an ein paar Unterleibstritte verteilt.

Etrit Hasler möchte sich in aller Form dafür entschuldigen, dass ein unsägliches Donald-Trump-Zitat als Titel dient – weist aber darauf hin, dass es hier nicht um Neonazis, sondern um harmlosere Verrückte geht.