EU-Aussengrenze: Kritik am Berner Mittelmeertreffen
Die EU will sich die Flüchtlinge vom Hals schaffen, und die Schweiz hilft an vorderster Front mit: Am 12. und 13. November treffen sich in Bern die Innenminister von Algerien, Frankreich, Libyen, Mali, Malta, dem Niger, Österreich, dem Tschad, Tunesien sowie von Estland (als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft). Freundliche Gastgeberin ist SP-Justizministerin Simonetta Sommaruga. Das Treffen der sogenannten Kontaktgruppe zentrales Mittelmeer hat offiziell zum Ziel, Menschenleben zu retten, «dank weniger Wüsten- und Meerüberquerungen». Die humanitäre Rhetorik kann nicht verschleiern, dass die Massnahmen, die getroffen werden sollen, repressiver Natur sind: Die EU will mit mehr als 400 Millionen Franken den Aufbau einer militärischen Einsatzgruppe der Sahelstaaten zur besseren Überwachung der libyschen Südgrenze unterstützen. Vorangetrieben werden soll zudem die Zusammenarbeit bei der Grenzverwaltung und der Rückkehrhilfe ins Herkunftsland.
Dass die Schweiz dabei mithilft, stösst bei Menschenrechtsorganisationen auf scharfe Kritik. Das Ministertreffen sei ein peinlicher Akt der Heuchelei, sagt Amanda Ioset, politische Sekretärin von Solidarité sans frontières. Die EU rede von solidarischen Lösungen und treibe in Wahrheit das Outsourcing ihrer Grenzen voran. Auch Beat Gerber, Pressesprecher von Amnesty International, verurteilt das «Abschieben der Verantwortung an die afrikanischen Staaten». Damit werde internationales Recht verletzt, «und Misshandlungen von Flüchtlingen in der Wüste oder in libyschen Gefängnissen werden ignoriert». Amnesty lädt am 11. November in Bern zur Podiumsdiskussion «Abschottung auf Kosten der Menschenrechte» (mit dem Migrationsforscher Matteo de Bellis und Mario Gattiker, Chef des Staatssekretariats für Migration). ExponentInnen der Asylrechtsbewegung rufen dazu auf, in allen Schweizer Regionen mit Aktionen gegen das Treffen zu protestieren.