Klimapolitik: Er ist halt so weit weg, der Dreck

Nr. 47 –

Letzten Freitag ging die Klimakonferenz in Bonn zu Ende. Bundespräsidentin Doris Leuthard zeigte sich beeindruckt «vom offenkundigen Willen der Staaten, sich für den Klimaschutz zu engagieren». Was die Schweiz fürs Klima tun will, ist allerdings gar nicht beeindruckend: 2030 soll der Treibhausgasausstoss noch halb so hoch sein wie 1990. Aber vierzig Prozent dieser Reduktion sollen im Ausland stattfinden: indem die Schweiz zum Beispiel in Schwellenländern umweltfreundliche Technik finanziert. Zurzeit bereiten die EU und die Schweiz die «Verknüpfung» ihrer Emissionshandelssysteme vor: «Mit diesem Schritt werden die CO2-Märkte in der Schweiz und in der EU gestärkt und die Kosten des Engagements gegen die Klimaerwärmung gesenkt», meldet der Bundesrat.

Das zeigt, dass er den Ernst der Lage nicht begriffen hat. Klimaschutz ist nicht etwas, das man möglichst kostengünstig abwickeln kann, während die Wirtschaft daneben weiterläuft wie bisher. Es braucht eine Transformation aller Lebensbereiche, um das Pariser Klimaziel von weniger als zwei Grad Erwärmung zu erreichen. Ab Mitte des Jahrhunderts dürfen keine fossilen Brennstoffe mehr verbrannt werden – es heisst also: Emissionen reduzieren, nicht damit handeln!

Wenn man Bankgeschäfte und Importgüter dazurechnet, gehört die Schweiz zu den klimaschädlichsten Ländern der Welt (siehe WOZ Nr. 45/2017 ). Wer diese Berechnung zu radikal findet, kann die Bankgeschäfte auch weglassen und nur die Konsumgüterimporte anschauen. Das hat das britische Klima-Onlinemedium «Carbon Brief» getan. Das Resultat fällt aber nicht besser aus: Kein Land der Welt hat, verglichen mit dem CO2-Ausstoss im eigenen Land, einen so hohen Ausstoss im Ausland wie die Schweiz. «Carbon Brief» blendet zurück: Bis vor gut zwanzig Jahren war ein Grossteil der Industrie – und damit der Emissionen – noch in den Ländern, in denen die Industriegüter auch konsumiert wurden. Dann nahm die Globalisierung Fahrt auf, China wurde zur Fabrik für die ganze Welt, und Länder, die hauptverantwortlich sind für die Verschmutzung, können sich heute so sauber vorkommen wie die Schweiz. Der Dreck ist einfach zu weit weg.