SP-Vorschlag zum Islam: Die Richtung stimmt

Nr. 47 –

SP-Präsident Christian Levrat hat eine «Roadmap zum Islam» lanciert – und zumindest ihre Richtung stimmt. Levrat positioniert seine Partei als Bastion der Aufklärung gegen zwei reaktionäre Lager: einerseits gegen die IslamistInnen und andererseits gegen christlich-konservative bis rechtsnationale AbendlandverteidigerInnen – wie CVP-Präsident Gerhard Pfister –, die beide die politische Stimmung im Land vergiften.

Konkret will Levrat die islamischen Vereine verpflichten, sich demokratisch zu organisieren, ihre Finanzen offenzulegen, Imame auszubilden und eine «zeitgemässe» Auslegung ihrer Religion zu vertreten – vor allem was die Gleichberechtigung von Mann und Frau betrifft. Im Gegenzug sollen die Kantone den Islam als offizielle Religion anerkennen, so wie die meisten es mit den christlichen Landeskirchen tun.

Wer streng laizistisch die Trennung von Kirche und Staat verteidigt, wird warnen, dass der Islam damit Einfluss auf den Staat erhielte. Doch Levrat will das Gegenteil: Der Staat soll Einfluss auf die islamischen Vereine erhalten. Das ist nicht falsch: Der Staat greift auch in die Wirtschaft ein; es wäre richtig, dass er politische Parteien zur Offenlegung ihrer Finanzen zwingt; er nimmt auch Einfluss auf die Landeskirchen, etwa indem er TheologInnen an Unis ausbildet.

Es ist nicht falsch, wenn der Staat dies auch mit islamischen Vereinen tun würde. Mit der Anerkennung, die diese im Gegenzug erhielten, könnten sie über Steuern Geld eintreiben und damit einheimische Imame ausbilden, statt sie etwa aus der Türkei einzufliegen.

Die Anerkennung ist gleichzeitig problematisch: Der Staat würde damit die rund 400 000 hiesigen MuslimInnen in die Rolle des Muslimen beziehungsweise der Muslimin drängen. Er würde sie implizit dazu auffordern, sich politisch als MuslimInnen zu äussern – obwohl die meisten sich nicht in erster Linie als solche definieren.

Bevor der Staat den Islam anerkennt, sollte er die rund 400 000 MuslimInnen als BürgerInnen anerkennen, damit sie sich als solche politisch äussern können. Zwei Dritteln von ihnen fehlt diese Anerkennung.