Die Morde von Rupperswil: Der Mensch im Monster

Nr. 11 –

Am Montag kam die Anklageschrift zum Prozess über den Vierfachmord in Rupperswil. Im Detail wird beschrieben, was Thomas N. seinen Opfern antat, bevor er ihnen die Kehle durchschnitt. Eine Brutalität, für die es kaum Worte gibt.

Am Dienstagmorgen früh im Gebäude der Mobilen Polizei Aargau in Schafisheim: 65 JournalistInnen sind da, darunter 7 GerichtszeichnerInnen. 35 ZuschauerInnen sind ebenfalls zugelassen. Mehr haben nicht Platz. Das Sicherheitsdispositiv ist streng. Es herrscht ein nervöses Brummen. Kurz nach 8 Uhr wird es still im Saal. Man wartet darauf, dass er kommt – der «Vierfachkiller», wie der «Blick» ihn nennt. Es kommt ein unscheinbarer junger Mann, der leise «Grüezi» sagt.

Der Gerichtspräsident eröffnet mit vier Hammerschlägen die Verhandlung. Dann folgen Stunden, in denen detailliert über die Tat und das Psychogramm von N. gesprochen wird. Die Gutachter beschreiben ihn als erstaunlich offen und bereit, sich mit seiner Tat auseinanderzusetzen. Sie schildern einen Mann, der mit seiner Pädophilie bodenlos einsam war.

Am Nachmittag wird auch Thomas N. befragt. Er stellt sich den Fragen und wirkt wie jemand, der versucht, es allen recht zu machen. In den Pausen wird im Publikum rege diskutiert, was man N. glauben kann: ob er wirklich Reue zeige, ob alles nur gelernt sei, warum die Verteidigerin nicht öfter eingreife. Es passiert, was im Gerichtssaal oft passiert: Man ertappt sich dabei, wie sich das Grauen und die Abscheu relativieren. Man sieht die unendlichen Abgründe, die N. sich auch nicht selber ausgesucht hat – und man schämt sich fast dafür, dass man im Monster den Menschen erkennt.

Aufgrund der beiden positiven forensischen Gutachten kann N. gemäss Bundesgerichtspraxis eigentlich nicht mehr zu einer «lebenslangen Verwahrung» verurteilt werden. Daraus zu folgern, wie das manche Medien sofort taten, er könne deswegen nicht für immer weggesperrt werden, ist falsch – das könnte sehr wohl passieren. Das Gericht wird das Urteil am Donnerstag beraten und am Freitag verkünden.

Den ausführlichen Bericht und eine kritische Einordnung des Prozesses lesen Sie in der nächsten Ausgabe.