Linke Offensive: Die «taz» machts vor

Nr. 11 –

So offen hat wohl noch keine Zeitung die Diskussion über ihre Zukunft gesucht: Ein Team von acht MitarbeiterInnen aus der Redaktion und dem Verlag der deutschen Tageszeitung «taz» hat ein Jahr lang in eigener Sache recherchiert. Sie haben ihre KollegInnen befragt, LeserInnen getroffen, Zahlen gewälzt. Diese Woche wurde der «taz Report 2021» ins Netz gestellt.

Er ist lang wie ein Taschenbuch. Streckenweise ist er instruktiv geschrieben wie eine Bauanleitung, dann wieder klingt er flockig wie eine Seifenoper, die Lektüre lohnt sich aber in der vollen Länge. Der Report schafft es nämlich, in Worte zu fassen, wie die Idee der Zeitung auch in der digitalen Zukunft fortbestehen kann. Erst noch als linkes Projekt, das viel mehr sein soll: «Die Geliebte meines Lebens» nannte der Kommunarde Fritz Teufel einst die «taz».

Zuerst braucht es selbstverständlich Ideen für die Berichterstattung der Zukunft. Viele Themen gelten als gesetzt: Umweltschutz, Feminismus, Migration. Neue sollen besetzt werden: die soziale Ungleichheit oder die digitale Demokratie. Weiter geht es unter dem Titel «Mehr Kapitalismus wagen» um die Frage, wie sich die journalistische Arbeit auch in Zukunft finanzieren lässt: Die Auflage der Printzeitung der «taz» sinkt, das innovative digitale Bezahlmodell («taz zahl ich») vermag die Verluste längerfristig nicht zu kompensieren. Mehr Reichweite muss deshalb her, ein neues, jüngeres Publikum soll erschlossen werden: etwa mit dem Portal «Krawallo» für junge Linke.

Bei der digitalen Verbreitung im Netz wird bemerkenswerterweise dafür plädiert, mehr NutzerInnendaten zu sammeln. Die Techriesen täten das ja sowieso. Bei der Zusammensetzung der Redaktion soll nicht nur auf die Frauenquote, sondern überhaupt auf die Diversität geachtet werden. MigrantInnen sollen ebenso einen Platz haben wie NichtakademikerInnen. Schliesslich soll an Veranstaltungen der Kontakt zu den LeserInnen ausgebaut werden.

Als WOZ-Redaktor kommen einem viele Probleme bekannt vor. Etwa dass es schwieriger wird, linke Themen zu verfolgen, wenn sie plötzlich im Mainstream ankommen, wie das aktuell bei der feministischen Diskussion der Fall ist. Der «taz»-Report zeichnet sich dadurch aus, dass er auf solche Feststellungen nur eine Frage kennt: Schon gut, aber wie ändern wir das?

Der Report findet sich auf www.taz.de/report2021.