Ägypten und Europa: Sisis freundliche Verbündete

Nr. 14 –

Anfang 2017 war es Kanzlerin Angela Merkel, die Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi mit einem Besuch in Kairo beehrte, um mit ihm zu besprechen, wie Flüchtlinge an der Fahrt übers Mittelmeer gehindert werden können. Im Herbst war es dann Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der Sisi in Paris empfing, um über den Kampf gegen den Terrorismus zu reden. Am Wochenende wurde Sisi im Amt bestätigt. Kein Wunder: Europas Alliierter hatte im Vorfeld sämtliche Herausforderer ins Gefängnis gesteckt oder gezwungen, sich zurückzuziehen. Der einzige Gegenkandidat, Moussa Mustafa Moussa, sprach sich während des Wahlkampfs für Sisi aus.

Kurz nachdem Anfang 2011 auf dem Kairoer Tahrirplatz Hunderttausende im Namen der Demokratie den damaligen Diktator Hosni Mubarak vom Thron gefegt hatten, gab es in Europa einen Moment der Einsicht: «Zu lange haben wir geglaubt, dass die autoritären Regime den einzigen Schutz gegen den Extremismus in der arabischen Welt darstellen», sagte etwa Frankreichs damaliger Aussenminister Alain Juppé. «Zu lange haben wir die islamistische Gefahr als Vorwand genommen, um gewisse Gefälligkeiten gegenüber Regierungen zu rechtfertigen, die die Freiheit verhöhnen und die Entwicklung ihrer Länder behindern.»

Mit der Wahl des Muslimbruders Muhammad Mursi 2012 zum neuen Präsidenten Ägyptens wurde der demokratische Frühling durch den islamistischen Nationalismus vereinnahmt. Im Jahr darauf folgte mit dem Putsch, der Sisi an die Macht beförderte, die autoritäre Konterrevolution. Seither macht Europa dort weiter, wo es vor dem Arabischen Frühling aufgehört hatte: 2015 war der damalige Präsident François Hollande Ehrengast bei der Eröffnung des erweiterten Suezkanals und schloss mit Sisi neue Waffendeals ab. Kurz nach Merkels Besuch 2017 verpflichtete sich Ägypten gegenüber Deutschland, die Migration übers Meer zu stoppen – im Tausch gegen Grenzausrüstung und wirtschaftliche Hilfe. Auch Frankreich und Britannien liefern Material zur Grenzkontrolle.

Für Menschenrechte bleibt da kaum Platz. Macron meinte bei Sisis Empfang im Élysée-Palast, dass es eine Anmassung wäre, dem ägyptischen Präsidenten eine «Lektion in Menschenrechten» erteilen zu wollen. Dabei stecken Zehntausende politische Gefangene in Ägypten hinter Gitter, NGOs wurde verboten, sich mit Menschenrechten zu befassen, JournalistInnen werden verfolgt, jede Woche werden neue Häftlinge am Galgen hingerichtet.