Pop: Das Elend hinter all dem Glitzer

Nr. 29 –

Am Valentinstag haben Beach House ihren Fans auf die Nacht hin noch viel Liebe gewünscht, doch eben auch «Lemon Glow» vom aktuellen Album «7» veröffentlicht. Das Licht ist schummrig, das Gemüt in bonbonfarbenen Kummer getaucht – in dem Song geht es um eine zermürbende Liebesbeziehung, die man sich nur immer wieder schönredet. Das Unheil lauert – ausserhalb des Lichtkegels oder unterhalb von Victoria Legrands warmer Altstimme: Zu Beginn schlingert ein Synthesizer noch kaum merklich aus dem Wohlklang heraus, kurz darauf wird einem schon fast schwindlig, wenn sich eine Gitarre trunken verbiegt. Der Bass brummt bedrohlich, und drüber heult ein elektronischer Chor.

Dream Pop wirkt ja gewöhnlich wie ein durch die Ohren eingeflösstes Opiat. Um diese Wirkung sind auch Beach House nicht verlegen, doch dabei bleibt es nicht – besonders nicht auf diesem Album. Im Vergleich zu ihrem bisherigen, auf hohem Niveau beständigen Sound ist «7» für das Duo aus Richmond eine kleine Revolution. Mit dem Produzenten Peter Kember (ehemals Spacemen 3) hat es die brillante Textur des cineastischen «Bloom» (2012) mit der Experimentierlust des Frühwerks kombiniert. Plötzlich schleichen sich schroffe Kanten in die Arrangements, erstmals kommen Stücke ohne die wolkige Gitarre von Alex Scally aus, und die allgemeine Stimmung hat sich verdunkelt.

Das gilt besonders für die Texte. In «Dark Spring» ist es noch ein Stern im Universum, der explodiert, doch dann geht es um metaphorische Sterne, oder eben Stars. Genauer um weibliche Stars und um das Elend, das sich hinter ihrem Glitzer verbirgt. «Get dressed to undress / Depressed to impress», heisst es in «Girl of the Year», einem Song über Edie Sedgwick, Model und «Queen» von Andy Warhols Factory, bevor sie mit 28 Jahren an einer Überdosis starb. Und dann ist da noch Nico, die Sängerin von The Velvet Underground, die 1988 nach einem Fahrradunfall auf Ibiza starb – der Song über sie heisst «Last Ride». Beunruhigend, wie schön das bei Beach House klingt.

Beach House: 7. Bella Union / Musikvertrieb. 2018