Seeland: Viel Boden verloren
Ein Viertel des Schweizer Gemüses wächst im Grossen Moos zwischen Bieler-, Neuenburger- und Murtensee. Doch der trockengelegte Torfboden macht Probleme: Er sackt ab und setzt klimaschädliche Gase frei. Braucht das Gebiet neue Hightech-Infrastrukturen für eine intensive Landwirtschaft? Oder soll es im Gegenteil naturnäher werden?
Die Kürbisse sind reif. Leuchtend orange liegen sie auf dem Feld. Üppig spriesst das Rüeblikraut, die Zwiebeln sind gross und dick, Sprinkleranlagen besprühen Kopfsalat. Ein Viertel des Schweizer Gemüses stammt aus dem Grossen Moos, der 62 Quadratkilometer grossen Ebene zwischen Neuenburger-, Bieler- und Murtensee. Die Landschaft wirkt weit, der Jura am Horizont sanft in der Frühherbstsonne. Ein langer Güterzug rattert vorbei. Fast wähnt man sich in einem anderen Land.
Der «Gemüsegarten der Schweiz» hat ein Problem: Sein Boden schwindet. Wie der Name sagt, war das Grosse Moos bis vor 150 Jahren ein riesiges Flachmoor. Wegen des hohen Grundwasserspiegels sind abgestorbene Pflanzen darin nicht verrottet, sondern zu Torf geworden, der viel Kohlenstoff enthält. Die Torfschicht in einem intakten Moor wächst nur etwa einen Millimeter im Jahr. Über die Jahrtausende macht das trotzdem viel aus: Manche Moore haben mehrere Meter dicke Torfschichten – und bereits zehn Zentimeter Torf speichern gleich viel Kohlenstoff wie ein hundertjähriger Wald auf einer gleich grossen Fläche.
Zwei Meter abgesackt
Fast neunzig Prozent der Schweizer Moore wurden in den letzten 200 Jahren zerstört. Man baute Torf als Brennmaterial ab, vor allem während der Weltkriege. Noch viel grössere Flächen gingen durch die Trockenlegung verloren. Sobald der Torf nicht mehr wassergesättigt ist, baut er sich ab – der Kohlenstoff geht als Kohlendioxid (CO2) in die Luft, und auch das noch viel klimaschädlichere Lachgas kann frei werden. Ein trockengelegtes Moor schadet also dem Klima.
Aber auch LandwirtInnen, die sich nicht ums Klima kümmern wollen, haben ein Problem: Der entwässerte Torfboden sackt zusammen. Da und dort sieht man Abflussschächte, die einmal bodeneben waren und die heute mehr als einen Meter aus der Erde ragen. Vielerorts ist die Torfschicht nur noch zwanzig bis vierzig Zentimeter dick – bei Witzwil sind seit dem 19. Jahrhundert bis zu zwei Meter Boden verloren gegangen. Die alten Entwässerungsleitungen liegen inzwischen zu nah an der Oberfläche. Der Boden ist oft so nass, dass er sich von Traktoren nicht mehr befahren lässt. Die Produktionsgrundlage des «Gemüsegartens der Schweiz» ist gefährdet.
Peter Thomet möchte dagegen etwas tun. Der Mann hat eine Mission, das merkt man schnell, wenn man mit ihm spricht. Thomet ist BDP-Mitglied, Vizepräsident der Gemeinde Ins und Agronom; bis zu seiner Pensionierung war er Professor an der Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen bei Bern. Jetzt widmet er seine Zeit dem Verein Pro Agricultura Seeland, den er initiiert hat, und dem grossen Projekt einer «dritten Juragewässerkorrektion». «Den letzten beiden Korrektionen verdankt die Region ihren Wohlstand», sagt er. «Und inzwischen leben in der Schweiz fast dreieinhalbmal mehr Menschen als vor 150 Jahren. Jeder Quadratmeter Ackerland ist wertvoll.»
Im Dreiseenland überlagern sich viele Zeiten und Geschichten. In der letzten Eiszeit transportierte der Rhonegletscher hausgrosse Felsblöcke heran und lud sie auf den Hügeln ab. Später, als es wärmer geworden war, siedelten die ersten sesshaften BäuerInnen an den drei Seen. Der Fundort La Tène am Neuenburgersee hat einer Epoche der Eisenzeit den Namen gegeben. Auch den Römern gefiel die Region mit ihrem für Schweizer Verhältnisse milden Klima, sie bauten ihre Provinzhauptstadt Aventicum südlich des Murtensees. Die Dörfer liegen alle an den Hängen, denn die Ebene war sumpfig – und wurde immer sumpfiger, weil die Aare, die durch das nördliche Grosse Moos träge Richtung Solothurn mäanderte, Geschiebe aus den Bergen ablagerte.
Im 19. Jahrhundert traten die Ingenieure auf den Plan. Der Bund und die betroffenen Kantone arbeiteten zusammen, um die Landschaft radikal zu verändern: Sie gruben der Aare ein neues Bett, leiteten sie bei Hagneck direkt in den Bielersee und bei Biel wieder hinaus, kanalisierten die Zihl und die Broye zwischen den Seen. Der Wasserspiegel der drei Seen sank um zweieinhalb Meter; die Petersinsel im Bielersee, auf der der exilierte Philosoph Jean-Jacques Rousseau 1765 seine glücklichste Zeit verbracht hatte, wurde zur Landzunge. Auf dem gewonnenen Ackerland schufteten bald Gefangene der neuen Anstalten Witzwil und Bellechasse. Aber trotz beeindruckender Ingenieurleistungen bekam man das Wasser nicht in den Griff. Weil der Boden weiter absank, folgten neue Überschwemmungen, sodass der Bund 1962 die zweite Juragewässerkorrektion begann: Die Kanäle zwischen den Seen wurden verbreitert und vertieft. Seither haben alle drei Seen den gleichen Pegel.
Projekte für eine Milliarde Franken
Nicht nur die Böden, auch die Klimaerwärmung macht der Landwirtschaft im Seeland zu schaffen: In Trockenperioden ist das Wasser knapp, dann kommt aller Niederschlag auf einmal. «Heute gilt es zwei Probleme gleichzeitig anzugehen, die Bewässerung und die Entwässerung», schreibt Peter Thomet deshalb in seinem Arbeitspapier «Dritte Juragewässerkorrektion». Wie die ersten beiden Korrektionen soll auch die dritte als nationale Aufgabe definiert werden. Thomet schätzt die Kosten für die Erneuerung von Entwässerungsröhren, Bodenverbesserung, neue Bewässerungsanlagen und Biodiversitätsförderung im ganzen Dreiseenland auf eine Milliarde Franken im Zeitraum von dreissig Jahren.
Um ein Beispiel zu zeigen, fährt Peter Thomet von Ins hinauf ins obere Grosse Moos. Hinein in ein Netz aus rechtwinklig angelegten Nebenstrassen zwischen Mais- und Gemüsefeldern, in dem man schnell die Orientierung verliert. 120 Kilometer Binnenkanäle dienen im Grossen Moos der Entwässerung, in trockenen Sommern auch der Bewässerung. Hier brauche es eine Ergänzung des Kanalsystems, sagt Thomet, um im Sommer Aarewasser in die Broye und den Neuenburgersee umzuleiten. Die neuen Kanäle würden dazu beitragen, den Grundwasserspiegel auf einem hohen Niveau zu halten – so sei viel weniger Bewässerung nötig.
Ein wichtiger Projektpartner wäre bereits gefunden: Die Hurni Holding AG baut im Wald bei Kallnach Kies ab und ist darum gesetzlich verpflichtet, als Ersatzmassnahme naturnahe Flächen zu finanzieren. «Ein naturnahes Gewässer, das der Vernetzung von Lebensräumen und gleichzeitig dem Wasserbedarf der Landwirtschaft dient – damit schlagen wir gleich zwei Fliegen», sagt Geschäftsleitungsmitglied Fritz Hurni. Der neue Kanal könnte mit dem Naturschutzgebiet Büeltigenweiher vernetzt werden; Hurni spricht von Kiesgelände und Tümpeln für Gelbbauchunken und Ringelnattern. «Es braucht Dialog und Kompromisse, um zwischen Landwirtschaft und Naturschutz zu vermitteln.» Der Landwirt Toni Marti, dem ein Teil des Landes gehört, pflichtet bei: «Wir sind bereit, Flächen abzugeben, aber wir müssen auch einen Nutzen haben.» Er sieht den neuen Kanal vor allem als Be- und Entwässerung: «Das Gefälle ist hier schwach. Das Gewässer darf nicht zu stark renaturiert werden, sonst fliesst das Wasser überhaupt nicht mehr.»
«Wir sollten vierdimensional denken»
Nicht immer findet man sich so leicht. Seit Jahren gibt es im Grossen Moos Querelen über Bodenveränderungen: LandwirtInnen versuchen, Senken in Feldern aufzuschütten und den Torfabbau zu verlangsamen, indem sie den Moorboden mit Aushub von Baustellen mischen. «Das machen die Bauern hier seit jeher, sonst könnten sie teilweise gar nicht aufs Feld», sagt Peter Thomet. Seit acht Jahren verlange der Kanton ein aufwendiges Verfahren und die Konsultation eines bodenkundlichen Baubegleiters, wenn jemand aufschütten wolle. Das sei nicht zielführend und viel zu teuer. «Ich habe Verständnis, dass sich viele ohne Bewilligung selber helfen.»
Andreas Chervet von der Fachstelle Bodenschutz des Kantons Bern warnt hingegen vor einem «Dreinschiessen» bei der Bodenverbesserung: «Wir haben im Grossen Moos keine homogenen Bodenverhältnisse. Um die richtige Massnahme zu treffen, muss man wissen, was unter der Torfschicht liegt: Sand, Lehm oder Seekreide?» Dann gelte es die richtige Diagnose zu stellen. «Wir neigen dazu, den Boden als Fläche zu sehen – zweidimensional. Dabei sollten wir vierdimensional denken: auch in die Tiefe und in der zeitlichen Dimension – wie schnell schwindet der Torf?» Konflikte gebe es oft, weil Bewirtschafter Material zuführen wollten, wo es gar nicht sinnvoll sei. In vielen Fällen genüge es, die Schichten des Bodens zu vermischen, zum Beispiel eine dünne Lehmschicht unter dem Torf zu durchbrechen, um den Boden zu verbessern. «Material zuzuführen, bringt in einem solchen Fall überhaupt nichts, sondern verschlimmert die Situation sogar. Der Lehm staut das Wasser.» In ganz ungünstigen Fällen, wenn etwa eine dicke Lehm- oder Seekreideschicht unter dem Torf liege, müsse man sich Alternativen zur Ackerbaunutzung überlegen. Aber solche Fälle seien selten – Peter Thomet sei da zu pessimistisch.
«Unprofessionelle Bodenverbesserungen können die Ökosystemleistungen des Bodens gefährden, zum Beispiel seine Funktionen für Trinkwasser und Biodiversität», sagt Chervet. Wie kontrovers das Thema in der Region diskutiert wird, merkt man im Gespräch mit dem Bodenfachmann – so kontrovers, dass sich der Start des Projekts, das die Böden im Grossen Moos analysieren und kartieren soll, immer wieder verzögert. «Es ist sehr schwierig, sich zu finden, aber es ist nötig. Wir brauchen die Informationen über die Böden, bevor wir sie verändern.»
Lässt sich mit Bodenverbesserungen der Torfabbau und dadurch der CO2-Ausstoss des Bodens stoppen? Nach seinen Erfahrungen lasse er sich zumindest verlangsamen, sagt Chervet. Vieles sei allerdings unklar: «1972 begann man mit Versuchen. Aber wie stark sich der Boden seither abgebaut hat, weiss man nicht, weil der ursprüngliche Zustand nicht erfasst wurde.»
Da gebe es noch viele Fragezeichen, sagt auch die Geoökologin Sonja Paul von der Universität Basel, die sich seit Jahren mit Moorböden beschäftigt. Sie begleitet ein Projekt zur Bodenverbesserung, bei dem der Moorboden mit einer Schicht Mineralboden überschüttet wurde. «Mächtige Überschüttungen können jedoch auch zu Sackungen führen, weil der Mineralboden relativ schwer und der Moorboden darunter nicht tragfähig ist.» Und ob der Kohlenstoffverlust von aufgeschütteten Moorböden überhaupt deutlich tiefer sei, sei noch unklar.
Allerdings schwanken die Treibhausgasemissionen aus trockengelegten Moorböden laut Sonja Paul extrem – «sie hängen meist stärker vom Grundwasserspiegel als von der Bewirtschaftung ab». Ein hoher Grundwasserspiegel führt zu weniger Treibhausgasen, weil mehr Torf im Wasser liegt.
Genau darauf hofft Peter Thomet: «Langfristig brauchen wir ein computergesteuertes Wassermanagementsystem, mit dem sich der Grundwasserspiegel im Grossen Moos auf hohem Niveau regulieren lässt.» Der Forschungsbedarf ist allerdings noch gross: «In Deutschland gab es Versuche dazu», sagt Sonja Paul. «Es dauerte über ein Jahr, bis man die Regulierung der Pilotfläche im Griff hatte. Es hängt von der hydraulischen Leitfähigkeit der Böden ab, wie gut sich der Wasserstand regulieren lässt – und auch von den Abständen der Drainagerohre.» Den Wasserstand nach Bedarf einzustellen, sei grundsätzlich eine gute Idee, sagt Paul: Es verlangsame den Torfabbau. «Allerdings hat man das in Deutschland bisher erst mit Gras versucht. Bei Gemüse ist es viel heikler, da ist die Kultur schnell kaputt, wenn es zu nass wird.»
Für effiziente Nutzung der Ressourcen
Was treibt Peter Thomet an? In Landwirtschaftskreisen hat er den Übernamen «Weidepapst», weil er sich an der Fachhochschule für Weidekühe aussprach und die kraftfutterabhängige Hochleistungszucht stets kritisierte. Das Entscheidende sei, wie viel Milch man aus dem eigenen Wiesenfutter, ohne zugekauftes Futter, produzieren könne. «Wir müssen verantwortlich mit den landeseigenen Ressourcen umgehen.» Das sei auch eine ethische Frage: «Dass wir Soja aus dem Regenwald importieren, ist eine Sauerei.» Die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen ist sein Thema – auch im Seeland. Er verwirft die Hände, wenn er Vorschläge hört, man solle das Grosse Moos zu einer Feuchtwiese renaturieren, auf der allenfalls noch ein paar Hochlandrinder oder Wasserbüffel weiden könnten: «Das ist Verschwendung!» Mutterkuhhaltung liefere vierzigmal weniger Nahrungsenergie als Ackerbau. «Wir müssen das Ackerland erhalten, wo es flach ist und in der Nähe des Wassers liegt. An Hängen pflügen ist problematisch wegen der Erosion.» Eine Konsequenz für ihn ist: keine weiteren Naturschutzmassnahmen auf dem besten Ackerland, den sogenannten Fruchtfolgeflächen. Zurück in Ins zeigt er den Rimmerzbach. Der Biotopverbund Grosses Moos möchte ein in Röhren verlegtes Stück des Baches freilegen. «Dagegen wehren wir uns von Pro Agricultura Seeland.» Ins habe jetzt schon zwischen elf und zwölf Prozent ökologische Ausgleichsflächen. «Die sollten wir qualitativ aufwerten, statt immer neue auszuscheiden.»
Tatsächlich sieht man in der Umgebung von Ins mehr Hecken, Feuchtgebiete und extensive Wiesen als im oberen Grossen Moos, wo für Wildpflanzen fast gar kein Raum bleibt. Aber auch hier sind dazwischen die Spuren der intensiven konventionellen Bewirtschaftung sichtbar: mit Herbiziden abgespritzte Kartoffelfelder – die Knollen reifen erst aus, wenn das Kraut nicht mehr wächst –, sterile Feldränder. Thomet scheint das nicht zu stören: «Der Verzicht auf Pflanzenschutz führt zu Einkommenseinbussen und braucht mehr Fläche. In zwanzig Jahren vielleicht, wenn die Bioforschung weiter ist …»
Auch wenn die genauen Bodenkarten noch fehlen: An einigen Stellen im Grossen Moos gibt es noch meterdicke Torfschichten. «An solchen Orten wäre eine nasse Bewirtschaftung interessant, die sogenannte Paludikultur», meint Geoökologin Sonja Paul. «Man könnte etwa Schilf oder andere Energiepflanzen anbauen. Wo noch viel Torf vorhanden ist, kann man so auf kleinen Flächen viel Kohlenstoff erhalten und damit weitere Emissionen vermeiden.» Die landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden, schätzt das Bundesamt für Umwelt, trägt mindestens zehn Prozent zum Treibhausgasausstoss der Schweizer Landwirtschaft bei – oder 1,4 Prozent zum gesamten Treibhausgasausstoss der Schweiz. Das ist nicht viel, verglichen mit den Emissionen von Verkehr, Heizungen und Konsumgütern. Andererseits ist für den Klimaschutz jede Reduktion wichtig.
Es sei nicht nur eine Klimafrage, betont Marcel Liner von Pro Natura: «Die Landwirtschaft im Grossen Moos ist grösstenteils viel zu intensiv, von Pestiziden und Kunstdünger abhängig – wie vielerorts in der Schweiz.» Das stimmt – und trotzdem ist es wichtig, auch Peter Thomets Einwand im Auge zu behalten: «Wenn wir extensivieren, müssen wir mehr Lebensmittel importieren. Wie stellen wir dann sicher, dass ihre Produktion nicht im Ausland die Umwelt schädigt?»
Klimaerwärmung : Auch vom Boden hängt das Klima ab
Böden haben einen starken Einfluss auf das Klima: In ihnen ist mehr Kohlenstoff gespeichert als in Pflanzen und der Atmosphäre zusammen. Pflanzen nehmen bei der Fotosynthese Kohlendioxid (CO2) auf. Ein Teil des darin enthaltenen Kohlenstoffs wird bei guten Bedingungen zu Humus. Ein Boden, in dem der Humusanteil zunimmt, entzieht also der Luft CO2 und ist gut für das Klima. Das gilt vor allem für Wälder und Grasland. Äcker sind hingegen fast immer eine Kohlenstoffquelle, tragen also zur Klimaerwärmung bei – besonders wenn sie nur Kunstdünger erhalten, denn der enthält keinerlei organische Substanz.
Eine der wichtigsten Klimaschutzmassnahmen ist deshalb, Wälder und Grasland zu erhalten und nicht in Äcker umzuwandeln. Gleichzeitig hilft es nicht nur dem Klima, sondern auch der Bodenfruchtbarkeit, mehr Kohlenstoff in die Äcker zu bringen. Eine der vielversprechendsten Methoden dafür ist die Verkohlung (Pyrolyse) von Biomasse mit Hightechöfen. Im Boden bleibt diese Kohle jahrhundertelang erhalten, der Kohlenstoff damit der Atmosphäre entzogen.
Moorböden sind ein Spezialfall: Sobald sie trockengelegt werden und der Torf mit Sauerstoff in Kontakt kommt, beginnt er sich zu zersetzen und wird zur Treibhausgasquelle. Ausserdem brechen in trockenen Mooren leicht Brände aus, die sich nur schwer löschen lassen – etwa in den ehemaligen Moorwäldern Indonesiens. Dort wurden Tausende von Quadratkilometern für den Anbau von Ölpalmen trockengelegt.
Emissionen aus gestörten Mooren sollen heute rund sechs Prozent zum Treibhauseffekt beitragen. Doch möglicherweise ist das zu tief geschätzt, denn grossflächige Messungen gibt es nicht – und bei weiteren Moorzerstörungen könnte es noch schlimmer kommen: Laut dem Moorzentrum Greifswald bedecken Moore zwar heute nur noch drei Prozent der Landfläche der Erde, aber binden immer noch doppelt so viel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder.
Besonders verheerend ist der Verlust der moorigen Permafrostböden am Polarkreis. Diese Böden bilden im Sommer an der Oberfläche Torf, während tiefere Schichten gefroren bleiben. Sie enthalten grosse Mengen von Kohlenstoffverbindungen, die in die Luft gehen, wenn die Böden ganz auftauen. So verstärkt sich die Erwärmung selbst – eine unheilvolle Spirale.
Bettina Dyttrich