Kontrapunkt: Diese Frische!

Nr. 49 –

Haben Sie auch genug vom Hausgemachten? Machen Sie doch wieder mal Toast Hawaii!

Irgendwann war er plötzlich überall: dieser Geruch nach frischem Brot. In der Migros, im Coop, überall wurden Backöfen in die Verkaufsgeschäfte eingebaut, um den Lockstoff zu verbreiten. Selbst an den Tankstellen, wo es früher noch nach Öl und Gummi roch, erreichte die Nase plötzlich dieser betörende Geruch von Frische. Bäckereien wurden hip, verkaufen ihre Spezialbrote mit Kürbiskernen oder Oliven, wobei nichts so gut ankommt wie das Brot aus dem Holzofen: der Mensch zurück am Feuer, in alter Frische!

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es auch KundInnen wie mich gibt, die diesen Frischeterror überhaupt nicht ertragen. Diesen ganzen Kult um das Selbstgemachte, Selbstgebackene, Selbstgezüchtete. Diesen ganzen Regionalismus, der doch auch nur eine Form des Nationalismus ist, einfach auf freundlich. Die ganze Sehnsucht nach dem Authentischen, die ist doch einfach Neobiedermeier.

Letzthin war ich im Thurgau. Dort immerhin machen sie den Kult noch nicht mit. Überall sah ich Schilder vor den Cafés, die für Toast Hawaii werben. Für alle, die dem Frischewahn entkommen wollen: Machen Sie mal wieder einen Toast Hawaii! Kaufen Sie dafür weisses Toastbrot, eingepackt in Plastik. Wer noch nicht ganz so hart drauf ist, kann auch die Vollkornvariante nehmen. Dann ab zum Fleischgestell, da gibt es noch immer diese Toastschinken. Äusserst praktisch, man muss sie nicht noch selber zuschneiden. In der Käseabteilung den Schmelzkäse nehmen oder jetzt im Winter Raclette.

Dann noch eine Konservenbüchse Ananas suchen. In der Küche alles übereinanderlegen und ab damit in den Backofen, in den elektrischen. Nein, gesund ist das nicht, ökologisch auch nicht, aber in Zeiten der allumfassenden Frische ein unerhörter Genuss.