Pop: Militanz, die aus der Stille kommt
Die Honigbiene hat ja inzwischen den Wal oder den Panda als tierisches Maskottchen der Umweltpolitik abgelöst. Insofern ist das ein sehr sprechender Bandname, den sich Jessica Larrabee und Andy LaPlant ausgesucht haben: She Keeps Bees nennen sie sich, und das jüngste Album «Kinship» des New Yorker Folkduos ist das zarteste ökologische Pamphlet, das man sich denken kann. Engagiert? Unbedingt, aber jede Militanz hat sich hier in der Poesie vermummt. Sie wird gesummt, nicht gerufen.
«No other spaceship like her», singt Larrabee da über unseren Planeten. Mutter Erde als einzigartiges Raumschiff: Man ist ganz froh, dass hier auch mal so etwas wie eine futuristische Metapher auftaucht, im Song «Coyote», mit dem sich das Duo vor der Folksängerin und Umweltaktivistin Katie Lee (1919–2017) verbeugt. Sonst dominiert nämlich ein Vokabular der irdischen Elemente und ihres Wirkens. Larrabee singt das Lied der Flüsse, sie beschwört eine Welt im Einklang mit sich selbst und sucht urwüchsige Orte auf, um ihre Verwandtschaft zur Erde zu spüren. «Dominance is a dead end», singt sie einmal – wer die Natur beherrschen will, landet in der Sackgasse.
So viel naturselige Andacht könnte einem gern einmal auf den Wecker gehen. Aber der Ökofolk von She Keeps Bees ist so gedämpft und im Sound so sacht abgedunkelt, dass dieser ganze Naturmystizismus jederzeit geerdet bleibt. Das liegt auch an der schattigen Stimme von Jessica Larrabee, deren Gesang gerade in tiefen Lagen so gar nichts Esoterisches ausstrahlt. Dazu gibts viel analoges E-Piano, das Schlagzeug bleibt ganz weich, ab und zu zittern ein paar Streicher. Sparsam in der Instrumentierung also, aber alles so fein abgestimmt, dass das dennoch nie karg wirkt, sondern eine schillernde Opulenz entwickelt. Und dabei so konsequent aufs Wesentliche verdichtet, dass der ganze verhuschte Spuk nach etwas mehr als einer halben Stunde auch schon wieder vorbei ist. Die beiden nehmen das halt wirklich ernst mit der Décroissance.
She Keeps Bees: Kinship. BB*Island/Irascible. 2019