Kommentar zu Fleischproduktion und Klimawandel: Die richtige Ernährung im Falschen

Nr. 33 –

Der Weltklimarat fordert eine drastische Reduktion des globalen Fleischverzehrs – warum also nicht einfach aufhören, Tiere zu essen? Doch die Debatte sollte sich nicht allein um den Konsum drehen.

An schlechten Nachrichten in Sachen Klima herrscht kein Mangel. Nun vermeldete der Weltklimarat auch noch dies: Aus einem Bericht, der die Wechselwirkung zwischen globaler Landnutzung und Klimawandel untersucht, geht hervor, dass ein Viertel der produzierten Treibhausgase der Agrar- und Forstwirtschaft entstammt.

Das befeuert nicht nur die Erderhitzung. Diese nämlich wirkt wiederum zurück auf die Landwirtschaft, etwa wenn Dürren die Erträge schrumpfen lassen, wodurch die globale Ernährungssicherheit in Gefahr gerät. Die AutorInnen fordern daher eine radikale Kehrtwende in der Landnutzung, unter anderem eine deutliche Verringerung der Fleischproduktion wie auch des -konsums. «Müssen wir unsere Essgewohnheiten umstellen, um das Klima zu retten?», fragen nun Medien bange über Ländergrenzen hinweg.

Die Antwort lautet: Ja. In den vergangenen sechzig Jahren hat sich der weltweite Fleischverzehr pro Kopf verdoppelt. Dass dies das Klima stark beeinflusst, ist kein Geheimnis: Um die Nachfrage zu decken, werden Wälder abgeholzt, damit Flächen für den Futteranbau und für Weideflächen geschaffen werden (vgl. «Im Wilden Westen der Gegenwart» ). Ausserdem produzieren die Nutztiere Klimagase. In Deutschland haben AgrarpolitikerInnen jüngst eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleisch ins Spiel gebracht, um so den Konsum zu drosseln – eine Idee, die derzeit ebenfalls in Österreich diskutiert wird und die auch in der Schweiz schon ein Thema war. Verbrauchssteuern sind allerdings immer ungerecht, da Ärmere davon härter getroffen werden. Zudem könnte eine höhere Fleischsteuer dazu führen, dass die Nachfrage nach Billigware steigt, die unter besonders schlechten sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellt wird. Richtig unheimlich wird es bei dem ebenfalls kursierenden Vorschlag, eine vegetarische oder vegane Lebensweise mit Krankenkassenboni zu belohnen.

Was also tun? Die Fokussierung allein auf den Konsum lässt andere wesentliche Aspekte aus dem Blick verschwinden – etwa dass der globale Lebensmittelmarkt von einigen wenigen Konzernen beherrscht wird, die Ökologie und Menschenrechte ihren Profiten unterordnen. Dabei wird besonders augenfällig, dass im neoliberalen Kapitalismus die Ausbeutung der Natur und jene des Menschen Hand in Hand gehen. Politisch ist die eigentlich gebotene Zerschlagung dieser konzentrierten Marktmacht unrealistisch. In Reichweite liegen dafür aber etwa die Abschaffung der Subventionierung von Fleischwerbung und die Verschärfung von Tierschutzrichtlinien, wie es etwa die Massentierhaltungsinitiative fordert.

Und letztlich ist «KonsumentInnenmacht» nicht nur ein Luftschloss: Je mehr Menschen auf Fleisch verzichten, desto besser. Landwirtschaftliche Tierhaltung, insbesondere von Wiederkäuern, ist zwar klimagerecht möglich (siehe WOZ Nr. 51/16 ), aber das erfordert ein Ende der industriellen Fleischproduktion – und so auch einen zumindest massvollen Verzehr. Von den ethischen Fragen, die das milliardenfache Abschlachten von Lebewesen aufwirft, war da noch gar nicht die Rede.