Grundrechte: Brandgefährliche Terrorbekämpfung
Die Schweizer Regierung schnürt ein Antiterrorpaket: Im Strafrecht soll ein Antiterrorparagraf eingeführt werden, während polizeiliche Antiterrormassnahmen (PMT) künftig präventiv gegen sogenannte GefährderInnen angewendet werden sollen. Beide Geschäfte werden Anfang November in der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats (SiK) beraten, bevor sie im Dezember in den Räten verabschiedet werden sollen.
Doch die Beratung in der SiK verläuft einseitig. Das zeigt ein Blick auf die zur Anhörung eingeladenen Institutionen: kantonale Justiz- und Polizeidirektionen, Polizeikommandanten und Staatsanwältinnen sowie etwa ein «langjähriger Berichterstatter aus Kriegsgebieten», schreibt SiK-Präsident Josef Dittli (FDP) auf Anfrage. Das heisst: Bislang hat die SiK keinerlei Personen eingeladen, die sich während der Vernehmlassungsfrist kritisch zum Antiterrorpaket geäussert haben, etwa VertreterInnen der Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Humanrights.ch oder RechtsexpertInnen der Universitäten Bern und Lausanne.
An Kritikpunkten mangelt es nicht: Im Strafrecht könnten künftig kantonale Gerichte darüber entscheiden, was gerade als «terroristisch» gilt. Dabei ist «Terrorismus» nicht einmal nach internationalem Recht eindeutig definiert – des einen Freiheitskämpferin ist des anderen Terroristin. Spanien verurteilte unter solchen Gesetzen schon Marionettenpuppenspielerinnen und königskritische Rapper, während Frankreich damit jahrelang gegen eine linksalternative Landkommune vorging.
Bei den geplanten PMT sollen etwa schon sechzehnjährige «potenzielle Gefährder» unter staatlichen Hausarrest gestellt und Dreizehnjährige mit Kontakt- und Rayonverboten belegt werden können. Personen also, gegen die kein Tatverdacht vorliegt, sondern die lediglich auf Facebook etwas likten, weshalb sie in Zukunft gefährlich werden könnten.
Dass die SiK anscheinend kein Interesse daran hat, Grundrechtsorganisationen und kritische RechtsexpertInnen überhaupt anzuhören, zeigt umso deutlicher: Diese kommenden Antiterrorgesetze sind grundrechtlich brandgefährlich.