Neues aus der Wissenschaft: Fussball als Gesundheitsrisiko?
Die gute Nachricht zuerst: Fussballspielen hält fit – ja, es scheint sogar präventiv gegen chronische Herzerkrankungen zu wirken. Wer professionell dem runden Leder nachjagt, stirbt bedeutend weniger häufig an einem Herzinfarkt als der westliche Durchschnittsbürger, für den eine koronare Herzkrankheit immer noch Todesursache Nummer eins ist. Dies hat ein Team britischer ForscherInnen im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie ermittelt. Darin verglichen sie über Jahre hinweg 7676 ehemalige Profikicker aus Schottland mit über 23 000 Personen aus der Allgemeinbevölkerung, die den Fussballern punkto Alter, Geschlecht und sozialem Status entsprachen. Retrospektiv ist die Studie deshalb, weil die im Untersuchungszeitraum Verstorbenen unter die Lupe genommen wurden.
Und damit zur ersten Relativierung der guten Nachricht: Die Tatsache, dass Fussballer eine tiefere Sterblichkeitsrate aufweisen als der Bevölkerungsdurchschnitt, gilt nur bis zum 70. Lebensjahr. Ab 70 ist dann plötzlich das Gegenteil der Fall. Weshalb?
Die ausgestellten Totenscheine lieferten den MedizinerInnen wichtige Hinweise. Als Todesursache war darauf bei den ehemaligen Profifussballern auffallend oft eine neurodegenerative Erkrankung vermerkt. Am häufigsten tauchte Alzheimer als Todesursache auf – insgesamt bei 64 Personen und damit im Vergleich mit der Kontrollgruppe viermal so oft. Passend zu diesem Resultat hatten die verstorbenen Fussballprofis auch häufiger Demenzmedikamente verschrieben erhalten als die Personen aus der Kontrollgruppe.
Was aber ist jetzt die schlechte Nachricht genau? Es lasse sich spekulieren, ob Kopfbälle und Schädel-Hirn-Traumen zu einem höheren Risiko für neurodegenerative Erkrankungen führen könnten, lautet eine Mutmassung aus dem Fachkreis der NeurologInnen. Zusammenhänge zwischen wiederholten leichten Kopfverletzungen und pathologischen Veränderungen im Gehirn haben frühere Untersuchungen für Profiboxer, Football- oder Eishockeyspieler wiederholt nachgewiesen. Und auch wenn jetzt sofort das Bild des von Parkinson gezeichneten Muhammad Ali vor dem inneren Auge auftaucht: Ob diese Zusammenhänge tatsächlich kausaler Natur sind, lässt sich aus den Daten der Kohortenstudie nicht herauslesen.
Womit wir bei der Entwarnung wären, dem Disclaimer, wie es im Fachjargon heisst: Schon gar nicht liesse sich das Resultat, so die AutorInnen der Studie, auf Hobbyfussballer übertragen.
Merke umgekehrt auch: Nicht jeder Idiot hat ein paar Bälle zu viel an den Kopf gekriegt.