Kommentar zur Finanzmarktaufsicht Finma: An Ueli Maurers Leine

Nr. 51 –

Eine eben vom Bundesrat verabschiedete Verordnung schränkt die Unabhängigkeit der Finma stark ein. Die Banken frohlocken.

Spätestens seit der grossen Finanzkrise vor zehn Jahren weiss eigentlich jedeR: Banken sind brandgefährlich. ManagerInnen können mit riskanten Geschäften ganze Staaten in den Abgrund reissen. Und auch in der Schweiz sind Banken immer wieder in kriminelle Machenschaften verstrickt: von der globalen Manipulation der Zinssätze über die Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäscherei bis hin zur Korruption.

Umso wichtiger war zu wissen: Es gibt die Finanzmarktaufsicht (Finma), die diese Banken überwacht und ihnen Auflagen macht. Zwar fehlte es ihr oft an Schlagkraft, auch weil ihr der Gesetzgeber enge Grenzen setzt. Ausserdem war es immer wieder ein Ärger, dass sie mehr oder weniger im Geheimen operierte und nur selten detailliert über ihre Arbeit und die vorgefundenen Schwachstellen informierte. Dennoch hatte die Finma wegen ihrer Unabhängigkeit einen Vertrauensbonus.

Mit dem ist es jetzt vorbei. In einer vergangene Woche verabschiedeten Verordnung hat der Bundesrat festgelegt, dass sich die Finma bei internationalen Aufgaben an der Finanzmarktpolitik des Bundes orientieren muss und ihre Positionen in internationalen Gremien mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) abzusprechen hat. Zudem ist nun klar festgehalten, dass die Finma bei Regulierungen die «Auswirkungen auf die Zukunftsfähigkeit und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes» zu berücksichtigen hat. Auch muss die Finma nun das EFD sowie «die betroffenen Kreise» von Beginn an über ihre Regulierungsvorhaben informieren und sie «in angemessener Weise» in die Planung und die Ausarbeitung einer Regulierung einbeziehen. Die detaillierte Zusammenarbeit zwischen Finma und EFD soll in einer Vereinbarung geregelt werden.

Die Finma wird somit an die Leine des EFD genommen und hat sich faktisch der Politik des Bundesrats unterzuordnen. Kommt dazu, dass der Finma neue Aufgaben aufgebürdet werden. So müssen bei Regulierungsvorhaben künftig zuerst Wirkungsanalysen erstellt werden, in denen verschiedene Regulierungsvarianten zu prüfen seien. Auch sind bei grösseren Regulierungen Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Jede Regulierung muss zudem periodisch überprüft werden. Das alles schränkt die Aktions- und Reaktionsfähigkeit der Finma ein und schadet ihrer Unabhängigkeit. Die Finanzindustrie bekommt mehr Spielraum, mit Druck und Lobbying Regulierungen zu verhindern oder bereits bestehende wieder aufheben zu lassen.

Auch der Internationale Währungsfonds sieht die Unabhängigkeit der Finma bedroht: Letzten Juni warnte er in einem Bericht davor, die Autorität der Behörde zu untergraben. Das sei «ein Schlag gegen ihre Effektivität und Glaubwürdigkeit».

Eigentlich müssten breite Kreise ein Interesse an einer unabhängigen Finma haben: damit AnlegerInnen nicht von FondsverwalterInnen über den Tisch gezogen werden; nicht nochmals eine Grossbank vom Staat gerettet werden muss; und nicht zuletzt auch, damit die Schweiz endlich ihren Ruf als Hort von Steuerschwindlern und Geldwäscherinnen loswird.

Doch offensichtlich wiegen die Interessen der Finanzindustrie hierzulande schwerer. Auch weil sie sehr direkt Einfluss zu nehmen versteht. So geht die jetzige Verordnung auf eine Motion von Nationalrat Martin Landolt (BDP) zurück, einem früheren UBS- und Bank-Vontobel-Manager, der inzwischen im Verwaltungsrat der Vermögensverwaltungsfirma Belvédère Asset Management sitzt. Ausgearbeitet hat die Verordnung Jörg Gasser, der bis Ende Februar 2019 Staatssekretär im Finanzdepartement war. Seit Mai dieses Jahres ist er Direktor der Bankiervereinigung. Sein neuer Chef heisst Herbert Scheidt. Dieser ist Landolts ehemaliger Boss bei der Bank Vontobel. Scheidt traf letztes Jahr achtzehn Mal mit Staatssekretär Gasser oder dessen damaligem Chef, Finanzminister Ueli Maurer, zusammen – oft auch mit beiden gemeinsam (siehe WOZ Nr. 51/2018 ).

Man kann die Verordnung deshalb auch als eine reine Machtdemonstration der Bankiervereinigung lesen – die der Finma den Stinkefinger zeigt.