«Delphine et Carole, insoumuses»: Die Aufsässigen

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Ende der sechziger Jahre arbeitete Carole Roussopoulos in der Fotoredaktion der Modezeitschrift «Vogue» in Paris. Als ihr gekündigt wurde, kaufte die Westschweizerin mit dem Abfindungsgeld eine Videokamera und machte sich selbstständig. Für ihr Engagement in der Frauenbefreiungsbewegung kam ihr die damals fast unbekannte Aufnahmetechnik sehr gelegen. Sie konnte Demos dokumentieren, TV-Sendungen aufnehmen und mit kritischen Kommentaren versehen und überhaupt den Frauen eine mediale Stimme verleihen.

Roussopoulos brachte auch anderen Frauen diese neue Technik bei. An einem ihrer Workshops lernte sie die Schauspielerin Delphine Seyrig kennen. Die schillernde Seyrig war vor allem als Muse von Filmautoren wie Alain Resnais und Jacques Demy bekannt, wollte aber längst in Filmen von Frauen auftreten und hinter der Kamera stehen. Mit ein paar weiteren Frauen gründeten die beiden ein Videokollektiv, benannt nach einer Wortschöpfung von Roussopoulos: «les insoumuses», eine Kreuzung aus «muse» und «insoumises», aufsässig.

In ihrem Dokfilm «Delphine et Carole, insoumuses» widmet sich Callisto McNulty dieser cineastischen und politischen Zusammenarbeit. Als Enkelin von Roussopoulos verfügt sie über Archivschätze und unveröffentlichte Interviews. Weil Roussopoulos (1945–2009) und Seyrig (1932–1990) längst verstorben waren, musste es ein Montagefilm werden.

Der Film verzichtet also auf neue Aufnahmen, schneidet aber geschickt zwischen den historischen Filmen, Outtakes, Talksendungen und Ateliergesprächen hin und her. Für jüngere Augen vielleicht gewöhnungsbedürftig, wirkt das alte Schwarzweissmaterial inhaltlich frisch und vergnüglich frech. McNultys Film lädt ein, darüber zu sinnieren, wie viel sich seither geändert hat – oder auch nicht. Und wer weiter in die Geschichte der «aufsässigen» Cineastinnen eintauchen will, wird in Solothurn dieses Jahr im Rahmenprogramm fündig.

In: Solothurn, Konzertsaal, Fr, 24. Januar 2020, 14.30 Uhr, und Landhaus, Di, 28. Januar 2020, 12.15 Uhr.

Delphine et Carole, insoumuses. Regie: Callisto McNulty. Frankreich/Schweiz 2019