Kommentar zu Trumps Nahost-«Friedensplan»: Ein Businessplan aus Washington

Nr. 5 –

Trumps neuer «Friedensplan» formuliert das Ende des Oslo-Prozesses. Die Auflösung der Palästinensischen Autonomiebehörde wäre konsequent.

Während frühere US-Präsidenten Israelis und PalästinenserInnen für Verhandlungen noch zu sich nach Camp David und Wye Plantation luden, sparte sich Donald Trump diese Mühe. Seine Regierung fühlte sich nicht mehr bemüssigt, ernsthaft mit den PalästinenserInnen zu reden. Als Grundlage für den neuen «Friedensplan» dienten offensichtlich die Positionen der gegenwärtigen rechtsnationalen israelischen Regierung.

Die «Vision», wie der Plan betitelt ist, schert sich denn auch nicht um die Bemühungen von Trumps Vorgängern. Der kurze historisierende «approach» des Plans beginnt wie eine dürftige Seminararbeit: Es gebe in der Geschichte viele Beispiele dafür, heisst es da, dass Juden, Musliminnen und Christen in der Region relativ harmonisch zusammengelebt hätten. Danach aber geht es komplett ahistorisch weiter. Die gesamten bisherigen Resolutionen der Uno-Generalversammlung und des Sicherheitsrats werden in gerade einmal zwei Abschnitten der insgesamt 180 Seiten abgehandelt: Sie hätten den Konflikt schliesslich nicht zu lösen vermocht, und ausserdem würden sie von allen Seiten unterschiedlich interpretiert.

So historisch unbefleckt sich der Plan gibt, so ist er dennoch nicht einfach das Resultat der trumpschen Weltsicht, sondern die letzte Konsequenz der vergangenen knapp dreissig Jahre seit dem ersten israelisch-palästinensischen Oslo-Abkommen 1993. In der Folge dieses Abkommens, das den Weg zu einem umfassenden Frieden einleiten sollte, erhielten die PalästinenserInnen das Recht auf eine eingeschränkte Selbstverwaltung. Faktisch übernahm die Palästinensische Autonomiebehörde die Rolle einer mässig effizienten Administratorin: Sie organisiert die Müllabfuhr und dient der israelischen Armee als Hilfspolizei.

Der Oslo-Prozess führte nicht zur angestrebten «gerechten, dauerhaften und umfassenden Friedensregelung», im Gegenteil. Die besetzten Gebiete, die gemäss Abkommen «eine einzige territoriale Einheit» bilden sollten, wurden weiter zerstückelt. Es entstanden kontinuierlich neue israelische Siedlungen, und die Bewegungsfreiheit der PalästinenserInnen in diesen Gebieten wurde durch Checkpoints, Mauern, Siedlungen und Strassen für die SiedlerInnen eingeschränkt.

Dies kulminiert nun in Trumps Plan: Israel «wird keine Siedlung entwurzeln müssen», heisst es da, und die grosse Mehrheit der Siedlungen werde mit Israel zusammengeschlossen. Der Verlauf der Mauer, die die palästinensischen Gebiete abriegelt, soll entsprechend angepasst werden. Da wird klar: Hier geht es nicht einfach um Wahlkampfhilfe für den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, sondern darum, die Besatzung sowie politische und wirtschaftliche Machtstrukturen zu legitimieren und definitiv festzuschreiben. In seiner Aufmachung kommt das Dokument wie ein eigentlicher Businessplan daher.

In der «Vision» erschöpfen sich die palästinensischen Ansprüche im «legitimen Wunsch nach Selbstbestimmung»; von individuellen und kollektiven Rechten, von Vertreibung, Landraub und Enteignung ist keine Rede. Zwar soll ein Netz «modernster Infrastrukturlösungen» samt Brücken, Strassen und Tunnels den PalästinenserInnen die Wege erleichtern, faktisch aber hätte Israel jederzeit die Möglichkeit, diese Verbindungen aus Sicherheitsgründen zu kappen.

Für die palästinensischen Flüchtlinge gibt es kein Recht auf Rückkehr, einige sollen sich immerhin im Gebiet des künftigen Staates Palästina niederlassen dürfen. Palästinensische Gefangene in Israel sollen – mit zahlreichen Ausnahmen – nach und nach freigelassen werden. Überaus zynisch mutet an, dass zudem jedeR freigelassene Gefangene das Recht haben soll, sich in einem Drittland um Asyl zu bemühen.

Mit Trumps Vision ist also das Ende des Oslo-Prozesses formuliert. Die offizielle palästinensische Seite hat den Plan bereits abgelehnt. Darüber hinaus gäbe es eigentlich nur eine folgerichtige Reaktion: die Auflösung der Autonomiebehörde als Feigenblatt des Istzustands und damit die Rückgabe der vollen Verantwortung für das Wohlergehen und die Sicherheit der PalästinenserInnen an Israel – unter internationalem Recht, bis zum Ende der Besatzung. Oder aber bis zur Bildung eines einzigen Staates, in dem alle Menschen die gleichen Rechte haben.