Auf allen Kanälen: Klick auf «Blick»: Clip auf Clip

Nr. 8 –

Albernde ModeratorInnen, Prominews und etwas Ausländerkriminalität: Seit Montag läuft «Blick TV», das neue Onlineangebot von Ringier.

Zum Auftakt gab es erst einmal ein bisschen Heimattümelei: «Im schönsten Land der Welt wünschen wir einen wunderschönen guten Morgen!», grüsste Moderator Reto Scherrer am Montag um sechs Uhr früh, als «Blick TV», das neue Onlineprogramm aus dem Hause Ringier, erstmals auf Sendung ging. Patriotismus steht hier also trotz Streaming, Apps und all des anderen neumodischen Krams noch immer hoch im Kurs, was zumindest Roger Köppel gut gefiel: Der «Weltwoche»-Chef und SVP-Politiker jubilierte auf Twitter, dass «das Schweizer Gebührenmonopolfernsehen» endlich Konkurrenz bekomme.

Allerdings handelt es sich bei «Blick TV» nicht um Fernsehen im klassischen Sinne, sondern um ein nichtlineares Bewegtbildprogramm, das via Internet die Smartphones und Tablets möglichst vieler Menschen erreichen soll. Zum Start liess Christian Dorer, Chefredaktor der «Blick»-Gruppe, euphorisch verlauten: «‹Blick TV› wird zum CNN für die Schweiz.» Das ist mit Sicherheit zu hoch gegriffen, bislang hatte das Format wenig Überraschendes parat: ein Allerlei aus Sport, Lifestyle, Wirtschaft und Politik, dazu Promi- und Techniknews – klassischer Boulevard eben, der vor allem die Funktion hat, die Menschen ein bisschen zu zerstreuen. Aber auch die, sie daran zu erinnern, was für Probleme doch diese AusländerInnen bereiten: Eine der in Dauerschleife laufenden «Blick TV»-Meldungen am Premierenmorgen berichtete von einer Messerstecherei in Kreuzlingen, «zwei Nordmazedonier» waren aufeinander losgegangen. Wobei die Herkunft der beiden Männer nichts zur Sache tut, aber beim Boulevard sieht man das halt seit jeher anders.

Vor Ort, aber nicht dabei

Mit «Blick TV» will sich das Medienunternehmen Ringier den Weg in die digitale Zukunft ebnen: Die Fernsehwerbung verlagert sich zunehmend ins Netz, die Leute klicken nämlich online gerne auf Videoclips, weswegen Bewegtbilder im Internet einen der wenigen Wachstumsbereiche für die Medienbranche darstellen. Ringier lässt sich sein neues Onlineangebot viel kosten: Über vierzig Stellen wurden für «Blick TV» geschaffen, und der ehemalige «Arena»-Moderator Jonas Projer wurde als Chefredaktor verpflichtet. Diese Investitionen sorgten bereits vor dem Start für viel Aufsehen.

Künftig wird täglich von 6 bis 23 Uhr eine viertelstündige Newssendung in Dauerschleife zu sehen sein, die laufend aktualisiert wird. Durch das Programm führt je eins von insgesamt drei ModeratorInnenpärchen, das Meldungen verliest, Interviews führt oder zu AussenreporterInnen schaltet – wenn nicht gerade Werbung läuft. Am Premierentag war so etwa zu erfahren, dass KundInnen von den Sparmassnahmen bei der Post wenig halten, da diese auf Kosten der Sicherheit in den Filialen gehen sollen: «Blick TV» war an einigen Postämtern mit einem Reporter vor Ort; er hatte allerdings zunächst Probleme, GesprächspartnerInnen zu finden – morgens um sechs ist die Post noch geschlossen.

Obacht bitte beim One-Night-Stand!

Beleuchtet wurde zudem das Phänomen, dass immer mehr Frauen sich auch ohne Beziehung ihren Kinderwunsch erfüllen, mittels einer Samenspende oder dank unkonventioneller Familienmodelle. Eine Expertin im Studio wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass es «unethisch» sei, sich bei einem One-Night-Stand schwängern zu lassen – zumindest dann, wenn man das dem Sexualpartner nicht vorab mitgeteilt habe. Nach den Beiträgen alberten die ModeratorInnen Simone Stern und Reto Scherrer immer wieder miteinander, was hölzern wirkte. Allerdings macht insbesondere Reto Scherrer einen derart verschrobenen Eindruck, dass es fast schon wieder charmant ist.

Ein Lichtblick war die Wahl des ersten Studiogasts: Die SP-Politikerin und Winterthurer Fussballerin Sarah Akanji ist eine interessante Persönlichkeit, die etwas zu sagen hat, auch wenn ihr das vor allem an Oberflächlichem interessierte Format kaum Möglichkeiten dazu bot. Positiv auch, dass der Onlinesender Kritik offensiv verhandelt: Projer, der ansonsten hinter den Kulissen agiert, nahm am Nachmittag gemeinsam mit zwei Kolleginnen zu den Kommentaren von ZuschauerInnen Stellung. Die Zuschriften waren indes fast alle negativ: Offenbar gibt es da draussen noch genug Leute, die sich nicht alles bieten lassen.