Literatur: Parteirakete im Arsch

Nr. 17 –

So ein kleiner Etikettenschwindel ist ja nicht immer schlecht. Fünfzehn Hetzreden auf 150 Seiten? Wäre auf Dauer etwas ermüdend. Da hat es auch sein Gutes, dass viele der Autorinnen in dieser Anthologie des Hasses es nicht so eng sehen mit der Form. Selbst dort, wo der Hass furios in Streusalven abgefeuert wird, klingt das nicht unbedingt nach geifernder Hetze.

Etwa in der Tirade von Sophia Süssmilch, die in ihrer Liste aller Dinge, die sie hasst, über Hoden und Homöopathie, Selbstliebe und gekippte Fenster herzieht. Auch Kinder zählt sie dazu, mit der arschcoolen Begründung: «Kinder sind toll. Aber Koks ist billiger und schreit nicht.»

«Und wie wir hassen!», brüllt dieser feministische Sammelband schon im Titel, der Stinkefinger auf dem Cover gilt Männerbünden und allen anderen Ausgeburten des Patriarchats. Das Buch kommt, natürlich, aus Österreich, wo die schlechte Laune seit jeher als literarisches Prinzip kultiviert wird. Herausgeberin Lydia Haider hat eine wienlastige böse Runde versammelt, darunter Kathrin Röggla, Stefanie Sargnagel, Nora Gomringer und Manja Präkels. Literarische Resteverwertung ist wohl auch dabei, etwa in Sibylle Bergs Kurzgeschichte über eine Mutter und deren Verachtung für den fremden Kerl, der bei ihr wohnt. Der Unsympath ist ihr volljähriger Sohn, der nur eins im Kopf hat: Fussball.

Andere nehmen es genauer mit der Ansage. Raphaela Edelbauer hat in ihrem Archiv eine scharfe Wutrede gegen die Herrenrunden des Literaturbetriebs gefunden. Und Gertraud Klemm wütet gegen den gut gepolsterten Konzernmanager, dem es wurscht sein kann, ob die Wirtschaft die Politik an den Eiern hat oder die Politik die Wirtschaft: «Hauptsache Eier.» Dann aber auch gegen die bürgerliche Karrieristin, die sich lieber als Powerfrau sieht, weil sie sich über Frauenpolitik erhaben wähnt: «Der Powerfrau steckt man eine Parteirakete in den Arsch und schiesst sie durch alle Instanzen inklusive gläserner Decke an die Parteispitze!»

Lydia Haider (Hrsg.): Und wie wir hassen! 15 Hetzreden. Kremayr & Scheriau Verlag. Wien 2020. 157 Seiten. 32 Franken