LeserInnenbriefe

Nr. 22 –

Flicken

«Reparaturwirtschaft: Flicken macht glücklich», WOZ Nr. 21/2020

Zum ausgezeichneten Artikel eine Ergänzung: Es gibt unterdessen auch Bücher, die das Thema praxisnah beleuchten, zum Beispiel «Die Welt reparieren. Open Source und Selbermachen als postkapitalistische Praxis» (Transcript-Verlag, 2017). Die Beispiele sind aus Deutschland, aber lassen sich problemlos auf schweizerische Verhältnisse übertragen.

Beat Eberle, Wasterkingen

Wer bezahlt die Krise?

«Der Generationenschwindel», WOZ Nr. 20/2020

Per Ende 2020 könnte man sämtliche Schulden der Sozialversicherungen, Gemeinden, Kantone und des Bundes durch die Nationalbank ausgleichen lassen. Danach werden die Ausgaben und die Einnahmen neutral gestaltet, damit die zukünftigen Generationen keine Schulden mehr haben. Ein Grundeinkommen könnte die Ungerechtigkeit für den Mittelstand senken. Dann bleibt nur noch, die Klimakrise gleichzeitig anzugehen.

Peter Bühler, per E-Mail

Bundesrat Etter

«Hilfe für die stärkste Armee», WOZ Nr. 20/2020

Die Rezension von Josef Lang in der WOZ vom 14. Mai enthält viele irreführende Angaben zu meiner Dissertation über Bundesrat Philipp Etter (1891–1977). Besonders gravierend ist, dass die Rezension durch die Konzentration auf vermeintliche Unterlassungssünden meine Kernargumentation unterschlägt. Lang ist offenbar nicht an einem wissenschaftlich fundierten Gedankenaustausch interessiert.

Als einen «Hüter der Mitte», wie es in der Rezension heisst, verstehe ich den katholisch-konservativen Etter nicht. 1936 bezeichnete Etter in einem Brief den Katholizismus als «Hüter der Mitte». Etter kritisierte damals die liberale Bundespolitik wegen Einsparungen bei den Sozial- zugunsten von Militärausgaben und bediente sich deshalb des Begriffs der Mitte.

Der von Lang unerwähnte Kern meiner Forschungsarbeit ist aber vielmehr der folgende: Etter war kein Bundesrat mit grosser Gestaltungskraft, der den liberalen Bundesstaat niederringen wollte, sondern ein in vielen Sachfragen in der Krise überforderter Politiker. Er sprach sich bereits um 1930 gegen antidemokratische Tendenzen aus, gehörte zum gemässigten Innerschweizer Flügel innerhalb der KVP und wurde deshalb in den Bundesrat gewählt. Mit seiner teilweise ambivalenten, oft aber vermittelnden Haltung, die ihm manche als Schwäche oder Extremismus auslegten, war Etter eine wandlungsfähige Integrationsfigur des politischen Katholizismus auf dem langen Weg zur sozialen Marktwirtschaft und zum Zweiten Vatikanischen Konzil.

Dies widerspricht bisherigen Urteilen, die im Positiven wie im Negativen Etters Einfluss überhöhten. Nachdenklich und zuweilen unsicher ist Etter auch in seinen Privatbriefen. Diese zitiere ich in meiner Arbeit ausgiebig, um auch andere Lesarten zu ermöglichen. Ebenso habe ich in der historischen Zeitschrift «Tugium» die lange Überlieferungsgeschichte des seit 2014 im Staatsarchiv Zug zugänglichen Etter-Nachlasses kritisch aufgearbeitet und in meiner Dissertation darauf verwiesen. Von einer «mangelhaften Problematisierung» der Überlieferungsgeschichte, wie Lang schreibt, kann keine Rede sein.

Thomas Zaugg, per E-Mail

Religionsbashing

«Menschenhandel: Auf ‹Loverboy›-Mission›, WOZ Nr. 21/2020

In nun mehreren Ausgaben wurden die Themen Prostitution und Pornografie einseitig und unkritisch behandelt. Menschenhandel und Zwangsprostitution wurden jeweils vollständig ausgeblendet. Nun erschien ein Artikel über die Organisation Act 212, die sich der Opfer von Zwangsprostitution annimmt. Der Artikel wirkt wie eine stark gesuchte Abrechnung mit dem religiösen Hintergrund der Organisation, der völlig unproblematisch erscheint. Es wäre wünschenswert, wenn die WOZ zukünftig auf diesen einseitigen Blick auf die Sexbranche und auf unreflektiertes Religionsbashing verzichten würde.

Linus Oberholzer (24), Rebekka

Hunglinger (24), St. Gallen

Mehr davon!

«LeserInnenbriefe», WOZ Nr. 15/2020

Ich bin gerade auf die LeserInnenbriefe in der WOZ Nr. 15/20 gestossen und möchte euch mitteilen, dass ich im Gegensatz zu diesen offenbar völlig sexnegativen Menschen die dort kritisierten Texte sehr gut fand und mich für diese bei euch bedanke. Es gibt ja wohl kaum etwas Emanzipatorischeres, als Expertinnen ihrer Selbst und feministische Forscherinnen zu Wort kommen zu lassen, statt ideologisch Verklemmtheit zu verbreiten. Lasst euch nicht beirren, im Gegenteil, mehr davon!

Tobias Kuhnert, per E-Mail