Geschäftsmieten: Immobilienbranche in der Defensive
Ausserordentliche Zeiten erfordern ausserordentliche Massnahmen. Das hat die Bundesversammlung eingesehen. Am Montag überwies nach dem Nationalrat der Ständerat eine gleichlautende Motion. Sie sieht einen befristeten Mietzinserlass von sechzig Prozent für jene Gewerbebetriebe vor, die während des Lockdowns ganz oder teilweise schliessen mussten. Damit ist der Weg frei für eine nationale Regelung. Der Bundesrat muss eine Vorlage ausarbeiten, über die das Parlament voraussichtlich im September befindet.
Dass nun eine Lösung für die ganze Schweiz aufgegleist wird, ist vernünftig; sie würde Rechtssicherheit garantieren. Im März noch waren die Fronten verhärtet: Die Immobilienbranche sprach sich beinhart gegen einen generellen Mietzinserlass aus, der Bundesrat betrachtete das Problem als Privatangelegenheit zwischen den Parteien – und die Wirtschaftsverbände, bürgerliche Branchenverbände sowie SVP und FDP sahen ebenfalls keinen Handlungsbedarf. Ausgerechnet jene also, die vorgeben, sie verträten das Unternehmertum – und dazu zählen nicht bloss Konzerne und Grossbetriebe –, liessen ihre Klientel im Stich und nahmen Massenkonkurse in Kauf.
Unterstützung kam zumindest vordergründig von unerwarteter Seite. Es war zunächst der alternative Hauseigentümerverband Casafair, der bereits im März einen massvollen, aber chancenlosen Vorschlag einbrachte: VermieterInnen und Mietende sollten je fünfzig Prozent der Mieten tragen. Dann schaltete sich die Wirtschaftskommission des Nationalrats unter linker Federführung ein und verlangte einen Erlass von siebzig Prozent. Der politische Druck wuchs. Schliesslich boten kantonale Hauseigentümerverbände sowie der Verband Schweizer Immobilien Hand für kantonale Lösungen, die teilweise bereits in Kraft sind. Gut bezahlte Immobilienlobbyisten und Konzernfreundinnen im Parlament hingegen sperrten sich bis zuletzt. Die jüngste Schlacht im Ständerat haben sie mit neunzehn gegen zwanzig Stimmen knapp verloren.