Auf allen Kanälen: Schützen wir die Polizei

Nr. 25 –

Die «Arena» des Schweizer Fernsehens wollte ein Zeichen setzen und über Rassismus debattieren. Sie wurde zur Farce.

Einsicht? Klingt irgendwie anders: «Ich kann die Kritik insofern nachvollziehen, als dass die Erwartungshaltung offensichtlich eine andere war, und bedaure das.» So schrieb Moderator Sandro Brotz in seiner Stellungnahme nach der letzten «Arena» zum Thema Rassismus. Was er bedauert, sind also nicht etwa eigene Fehler. Brotz sieht das Problem anderswo: bei den Erwartungen, die an seine Sendung herangetragen worden seien. Selber schuld, wer etwas Vernünftigeres erwartet hat!

Dass man in einer Diskussionsrunde überhaupt erst mal versucht, sich einen Begriff vom Thema zu machen, scheint allerdings auch schon eine falsche Erwartung zu sein. Und dabei geht es nicht allein um die Frage der Repräsentation, also darum, ob eine «Arena» unter dem Titel «Jetzt reden wir Schwarzen» es sich leisten kann, drei von vier Redepulten in der ersten Reihe an Weisse zu vergeben und zugleich zwei Frauen of Color nach hinten auf die Ersatzbank zu verweisen.

Diese Sendung werde am Schluss anders aussehen, versprach Sandro Brotz wiederholt im Verlauf dieser «Arena», in sichtlicher Vorfreude auf diesen dramaturgischen Kniff. Was damit gemeint war, zeigte sich nach 68 Minuten: Da bat der Moderator die beiden weissen Nationalrätinnen Samira Marti (SP) und Andrea Geissbühler (SVP), ihren Platz zu räumen, damit die Black-Lives-Matter-Aktivistin Angela Addo und die Bündner SVP-Frau Gabriella Binkert – die durchaus interessante Differenzen austrugen – endlich auch mal vorne stehen durften, für die restlichen 13 Minuten der Diskussion.

Ausgrenzung als Rollenspiel

Eine Redaktion, die es für eine originelle Idee hält, wenn der joviale Gesprächsleiter in seiner unendlichen Grosszügigkeit den People of Color für die letzten paar Minuten einen prominenteren Platz einräumt: Wer bis dahin immer noch nicht so genau wusste, worauf sich der oft zitierte Begriff von der Dominanzgesellschaft beziehen könnte, bekam hier ein unfreiwillig prägnantes Sinnbild geboten. Was eine Debatte sein wollte, wurde so vollends bagatellisiert und zur Farce: Diskriminierung als Rollenspiel.

Und damit ist noch gar nichts über die journalistischen Fehlleistungen im engeren Sinn gesagt. Darüber etwa, dass ein pensionierter Kriminalkommissar in der Sendung als Experte zugeschaltet wird, der leugnet, dass es so etwas wie Racial Profiling gebe, und der Moderator hält es nicht für nötig, auch nur zu erwähnen, dass dieser Experte regelmässig als Kolumnist für die rechtsnationalistische «Schweizerzeit» schreibt. Oder darüber, dass eine SVP-Nationalrätin in der Sendung unwidersprochen behaupten darf, dass ihre Partei die einzige antirassistische Kraft im Land sei. Zur Erinnerung: Für die Kampagne «Kosovaren schlitzen Schweizer auf» wurden zwei Kaderleute dieser Partei vom Bundesgericht wegen Rassendiskriminierung verurteilt.

Die wahren Opfer

Was genau die diplomierte Polizistin Geissbühler zur Fachperson für Rassismusfragen befähigt, bleibt ohnehin das Geheimnis der «Arena»-Redaktion. Aber auch Moderator Brotz irrlichterte immer wieder weit an der Sache vorbei. Da fragte er die ehemalige Polizistin der SVP allen Ernstes, ob sie die Antifa auch gerne verbieten möchte, wie ihr Parteikollege Andreas Glarner und US-Präsident Donald Trump. Zur Erinnerung: Der Titel der Sendung war «Jetzt reden wir Schwarzen». Und vom Sprecher des Schweizer Ablegers der Republikanischen Partei wollte Brotz wissen, ob Trump jetzt um seine Wiederwahl zittern müsse. Zur Erinnerung: Das Thema der Sendung war Rassismus.

Wie kommt man überhaupt auf die Idee, Rassismus liesse sich als kontradiktorisches Spektakel verhandeln, wie das ja offensichtlich immer noch zum Kalkül der «Arena» gehört? Weil man keine richtigen Nazis einladen kann, die sich stolz zu ihrem Rassismus bekennen, landet man dann eben bei Leuten wie Frau Geissbühler, der beim Thema «rassistische Polizeigewalt» nichts anderes einfällt, als dass die Polizei das wahre Opfer der Gewalt sei. Oder bei dem Trump-Anhänger, der Rassismus einfach für eine beliebige Form von Beleidigung hält.

«Wir haben die Kritik gehört. Wir hören weiter zu», beteuerte derweil Moderator Brotz auf Twitter und kündigte eine zweite Sendung zum Thema an, diesmal nur mit People of Color. Sie kann nur besser werden.

«Arena». Freitag, 22.25 Uhr, auf SRF 1.