Kommentar zu den Wahlen in Basel-Stadt: Sabotage am Projekt

Nr. 44 –

In Basel-Stadt steckt Rot-Grün nach den kantonalen Wahlen in einer schweren Krise. Das hat viel mit eigenem Unvermögen zu tun.

Die Basler Linke steht vor einem Scherbenhaufen. Sie hat ihr durchaus aufregendes Erneuerungsprojekt für den Stadtkanton aus Leichtsinn in Gefahr gebracht. Vergangenes Wochenende, Gesamterneuerungswahlen: Die SP und das Grüne Bündnis, das sich aus den Grünen und der Linkspartei BastA! zusammensetzt, verteidigen zusammen ihre Stellung im Kantonsparlament. Wie derzeit üblich stehen Sitzverlusten der SP Zugewinne der Grünen gegenüber. Weil das bürgerliche Lager stark fragmentiert ist und die Rechte massiv verlor, steht auch ohne nominelle Mehrheit (48 von 100 Sitzen) eine produktive Legislatur bevor.

Der Betriebsunfall geschah bei den Exekutivwahlen. Die amtierende grüne Regierungsratspräsidentin Elisabeth Ackermann landete nach dem ersten Wahlgang bloss auf Rang neun, selbst linke StammwählerInnen versagten ihr in grosser Zahl die Unterstützung. Bislang setzte sich die Regierung aus drei SP-PolitikerInnen, einer Grünen und je einem Vertreter von FDP, LDP und CVP zusammen. Neu könnte LDP-Frau Stephanie Eymann ins Gremium einziehen. Zwei Tage nach der Wahl zog sich Ackermann, völlig verunsichert, zurück. Die linke Mehrheit sichern soll jetzt BastA!-Frau Heidi Mück, die sich in einem chaotischen, hässlich geführten internen Blitzwettbewerb gegen Nationalrätin Sibel Arslan (ebenfalls BastA!) durchsetzte.

Ackermann hat in ihrer Amtszeit wenig Argumente für sich geliefert. Kritisiert wurde sie für ihre teilweise unbeholfenen Auftritte, die in einem auf Repräsentation angelegten Amt auffielen. Wesentlicher ist, dass sie in der Kulturpolitik, ihrem einzigen wichtigen Dossier, nie darüber hinauskam, die Schäden zu reparieren, die ihr grüner Vorgänger Guy Morin angerichtet hatte. Als sie dann im Wahlkampf den von Morin eingesetzten Direktor des Historischen Museums entliess, konnte sie den darauf folgenden Angriffen nichts entgegensetzen. SP-PolitikerInnen fielen ihr mit einem tendenziösen Untersuchungsbericht in den Rücken. Alles nicht besonders schlau und ein deutlicher Hinweis darauf, dass in Basel das Gespür verloren ging, wie fragil politischer Erfolg ist.

Ackermanns eigene Partei verhielt sich dabei eigenartig passiv. Von der Basler SP lange Jahre mitgetragen, hat es die Partei verpasst, fähiges Personal an die Schaltstellen zu bringen und analytische Kompetenz zu entwickeln. Hochmütig wollte die Parteispitze vor den Wahlen sogar die Partnerin BastA! von der gemeinsamen Liste streichen. Verhindert hat das die eigene Jungpartei, doch das seit langem schwierige Bündnis ist beschädigt.

Auf Basels Linke wartet ein schwieriger zweiter Wahlgang. Möglich ist die Machtsicherung aber durchaus: Mück hat vor vier Jahren ein sehr gutes Resultat bei den Regierungsratswahlen erzielt. Danach müssen sich vor allem die Grünen inhaltlich, strategisch und personell erneuern. Eine Kur, die die Basler SP bereits hinter sich hat. Die Ausgangslage dafür ist gegeben. Am Wochenende schafften junge grüne PolitikerInnen den Einzug ins Parlament, die mit ganz anderer Dringlichkeit politisieren. Der neunzehnjährige Klimastreikaktivist Laurin Hoppler etwa oder die blitzgescheite Genderforscherin Fleur Weibel. Dazu wurde mit der Studentin Jo Vergeat eine junge Grüne bestätigt, die es perfekt versteht, unterschiedlichste Milieus anzusprechen und zusammenzuführen.

Hier drängt eine neue Generation nach vorne, deren Horizont weit über den Erhalt von städtischen Trockenwiesen hinausreicht. Die an den Fundamenten von Wirtschaft und Gesellschaft rüttelt und vor allem verstanden hat, dass Veränderungen erkämpft werden müssen und nicht von alleine passieren, wenn man nur lange genug auf seinem Sessel sitzt.

Dass Basels Bevölkerung für grundlegende progressive Veränderungen offen ist, hat sie oft bewiesen in den letzten Jahren. Sei es beim MieterInnenschutz, bei Reichensteuern, in der Verkehrspolitik. Weitergehen soll es mit dem AusländerInnenstimmrecht, der Legalisierung von Sans-Papiers, steuerfinanzierter Kinderbetreuung, dem Erreichen der Klimaneutralität. Grosse linke Projekte stehen an. Es wäre bedauerlich, würden sie am eigenen Unvermögen scheitern.