Pop: Gib mir einen Breakbeat!
Als John Frusciante Ende der neunziger Jahre nach mehrjährigem Heroindelirium zu sich kam, hatte er ein Problem: Er war einer der begnadetsten Gitarristen der Welt und hatte wesentlich dazu beigetragen, die Red Hot Chili Peppers mit Riffs, die heute zum Fingerübungskanon dieses Instruments gehören, zu Superstars zu machen. Das schränkte seinen weiteren Berufsweg erst mal ein, denn gerade hatte sich ihm mit Stilen wie Jungle und Techno und Künstlern wie Squarepusher und Aphex Twin eine neue Welt eröffnet.
So kehrte Frusciante zu seinem Brotjob zurück und trug auf Alben wie «Californication» zum Stadionrock-Status der Peppers bei. Zwar liess er auf einem knappen Dutzend Soloalben immer wieder elektronische Elemente einfliessen, doch diese komplett selbst zu produzieren, ermöglichte ihm erst der Kontakt zu Breakcore-Weirdo Aaron Funk alias Venetian Snares im Jahr 2008. Nach seinem Wiederausstieg bei den Peppers unterzog er sich einem Studium elektronischer Musikproduktion und veröffentlichte seine Fortschritte in Form von Acid House, Electronica und Breakbeat unter dem Pseudonym Trickfinger.
Diesen Namen hat er für sein neustes Werk «Maya» abgelegt, und so kommt es hier zum gewöhnungsbedürftigen Umstand, dass ein John-Frusciante-Album mit einer verfremdeten Stimme und der Zeile «Give me a motherfucking breakbeat!» beginnt. Doch was folgt, ist die ausgereifteste Umsetzung des bislang Gelernten: Hier holt sich jemand die verpassten Neunziger zurück, und das stilistisch und technisch versiert. So hätte das Gebräu aus gegeneinander laufenden Rhythmen und schrägen Synthesizersounds von Tracks wie «Zillion» oder «Pleasure Explanation» auch in den üppigen Aphex-Twin-Katalog gepasst, während «Flying» ein so geradliniges Breakbeat-Ungetüm ist, dass die Jahreszahl 1991 dahinter niemanden überraschen würde. Was vor Jahren nur ein weiteres Element in Frusciantes Soundkosmos war, steht nun für sich allein. Seine Ankündigung, klassischem Songwriting abzuschwören, schmerzt deshalb nicht.
John Frusciante: Maya. Timesig/Cargo. 2020