Kost und Logis: Wie öko ist deine Droge?
Bettina Dyttrich vergleicht Schäden
Briten und Britinnen neigen zur Exzentrik, so das Klischee. Ziemlich exzentrisch indeed war der Vergleich, den der britische Mediziner und Drogenexperte David Nutt vor gut zehn Jahren zog: Reiten sei gefährlicher als die Droge MDMA, schrieb er – wer regelmässig aufs Pferd steige, habe ein viel höheres Risiko, sich dauerhafte Schäden zuzuziehen oder gar zu sterben, als wer Ecstasypillen schlucke. Die britischen Medien reagierten empört, sahen ihren geliebten Pferdesport angegriffen, dabei wollte Nutt etwas ganz anderes: den Umgang mit Drogen endlich auf wissenschaftliche Grundlagen statt auf Vorurteile und politisches Kalkül abstützen. Genauso kontrovers, aber mit Unmengen von Daten untermauert war seine «Rangliste», welche Drogen in der Gesellschaft wie viel Schaden anrichten: Da steht MDMA fast zuhinterst, vor LSD und halluzinogenen Pilzen. Weit vorne fungieren erwartungsgemäss Heroin, Crack und Crystal Meth, doch der unbestrittene Spitzenkandidat ist ganz legal: Alkohol.
Nutt verlor seinen Platz in der Drogenkommission, die die britische Regierung berät, doch er forscht weiter – und sucht unter anderem nach einer Chemikalie, die ähnlich wie Alkohol wirken, aber viel weniger schädlich sein soll. Verantwortungsbewusste KonsumentInnen von heute sind allerdings nicht nur an Gesundheits- und sozialen Schäden interessiert. Sie fragen auch: Wie sieht die Ökobilanz aus?
Meines Wissens hat noch niemand die ökologischen Folgeschäden von Drogen umfassend verglichen. Mein Verdacht ist allerdings: Die Rangliste sähe ähnlich aus wie jene von David Nutt. Reine Labordrogen wie LSD würden ziemlich sicher viel besser abschneiden als jene, die in Monokulturen, oft mit Pestizideinsatz, auf Feldern wachsen. Und es ist zu erwarten, dass auch bei der Ökoschadensbilanz Alkohol an der Spitze steht. Insbesondere der Weinbau ist global eine Katastrophe: Kupfer und synthetische Spritzmittel gegen Pilzkrankheiten vergiften die Böden, die oft zusätzlich mit Herbiziden kahlgespritzt werden. Dabei liesse sich das Spritzen fast auf null reduzieren: mit pilzwiderständigen Sorten, in der Szene «Piwi» genannt.
In einem neuen Buch erzählt Fredi Strasser, ein Pionier des ökologischen Weinbaus, von seinen Erfahrungen. Nicht nur die Sortenwahl, auch die Förderung von hilfreichen Insekten oder simple Techniken wie Mulchen helfen weiter. Da ist über die Jahre ein enormes Wissen zusammengekommen. Wein kann in der Ökobilanz viele Punkte gutmachen – wenn auch die KonsumentInnen bewusster werden und nicht auf den altbekannten, anfälligen Traubensorten beharren.
Und der Rebberg kann statt eine Herbizidwüste ein Raum für seltene Blumen, Schmetterlinge und Käfer werden, der nebenbei dann auch noch ein paar Schafe satt machen kann. Gute Nachrichten also für umweltbewusste WeintrinkerInnen. Auf David Nutts Zauberformel bin ich aber trotzdem gespannt.
Bettina Dyttrich ist WOZ-Redaktorin. Das Buch «Pilzresistente Traubensorten» von Fredi Strasser und Franziska Löpfe ist im Haupt-Verlag erschienen. Wer Kenntnis von Drogenökobilanzen hat, melde sich bitte.