Durch den Monat mit Peach Weber (Teil 4): Wie kann man langweilige Pandemietage rumbringen?

Nr. 4 –

Der Aargauer Komiker Peach Weber über den Januarschnee, «Qwatch» und ratternde Gedanken.

Peach Weber: «Gerade schaue ich Hunderte Fotos durch, die zwanzig Jahre in einer Kiste warteten, und mache Fotobücher. Ich habe immer viele Ideen.»

WOZ: Peach Weber, hat es bei Ihnen im Ort stark geschneit?
Peach Weber: So viel wie seit fünfzehn Jahren nicht mehr: um die vierzig Zentimeter. Hägglingen ist alles andere als Hochgebirge, es liegt fünfzig Meter oberhalb von Dottikon – immerhin reicht es, um manchmal über den Nebel hinauszuschauen. Der Schnee ist aber schnell in sich zusammengefallen, und wenn es gefriert, müssen wir alten Leute aufpassen.

An Ihr Hobby Pétanque ist bei diesem Wetter nicht zu denken. Wie kann man langweilige Pandemietage rumbringen?
Langweilig war mir noch nie. Ich habe lange so vieles aufgeschoben. Gerade schaue ich Hunderte Fotos durch, die zwanzig Jahre in einer Kiste warteten, und mache Fotobücher. Ich habe immer viele Ideen.

Und setzen sie immer gleich um?
Nein, einige Jahre lang hatte ich mir etwa die Rechte an der Marke «Qwatch» – wie Swatch – gesichert, weil ich gerne eine Uhr wollte, die Quatsch ausgesprochen wird. Heute könnte man sie den QAnon-Trotteln verkaufen, aber ich hab die Rechte leider nicht mehr.

Wandern gehen Sie nicht?
Ab und an auf die Rigi, an die Reuss oder den Hallwilersee. Doch ich gehöre nicht zu den Leuten, die an jedem Nebeltag irgendwohin fahren. Sechs Wochen Nebel sind nicht lustig – aber es ist umso schöner, wenn die Sonne danach scheint. Man muss erst durch das Tal der Tränen.

Im Aargau gibt es leider häufig Nebel.
Dieses Jahr ja, früher auch – davor war es im Freiamt viele Jahre selten neblig.

Sie sagten einst, der schlechte Ruf der Aargauerinnen und Aargauer sei bloss eingebildet.
Von Bern aus betrachtet haben die Fribourger einen schlechten Ruf, in Basel die Zürcher – und vor allem in Zürich eben die Aargauer. Es gibt Leute mit schwachem Selbstvertrauen, die es nötig haben, andere runterzumachen. Aber man darf zugeben: Der Aargau hat Fehler gemacht. Eine Zeit lang nahm der Kanton jeden Grümpel, den sonst niemand wollte. Die Sondermülldeponie Kölliken ist ein Musterbeispiel, auch die AKWs. Vielleicht gibt es die Vorurteile deswegen?

Gibt es denn überhaupt den einen Aargau? Im Fricktal hängen viele Porträts der österreichischen Kaiserin Maria Theresia, das Freiamt ist fast schon Innerschweiz.
Ich mag diese Verschiedenheit. Diese erkennen alle, die nicht bloss einfältig motzen! In meinem Job ist der Dialekt von Vorteil: Er ist so vermischt, dass mich auch im Wallis alle verstehen. Umgekehrt verstehe ich nicht alle im Wallis. Selbst wenn sie nicht französisch sprechen.

Sie sprechen kein Französisch?
Diese Sprache mag ich gar nicht. Ich glaube auch, dass man sich in Frankreich viel weniger anstrengt, Menschen zu verstehen, die die Sprache schlecht sprechen. Das ist in Italien anders.

Ihren ersten Megahit hatten Sie in den achtziger Jahren mit dem Song «Sun Fun». Ging es da um Italienferien?
Bei «Sun, Fun and Nothing to Do» geht es nicht ums Reisen, sondern ums Nichtstun – und das zu geniessen. Das geht auch auf dem Liegestuhl im Garten. Reisen war nie mein Ding, wir sind ein-, zweimal im Jahr gereist, trotz der Sprache oft nach Südfrankreich. Das war natürlich ein Jahreshöhepunkt, aber es ärgert mich, dass Ferien mit Verreisen gleichgesetzt werden. Es sind nicht weniger Ferien, wenn man daheim bleibt. Mir ist klar, dass ich privilegiert bin – etwa gegenüber jenen in engen Stadtwohnungen –, aber Shoppingtouren in New York oder zwei Tage Mailand haben mit Erholung nichts zu tun. Früher war es noch so, dass lange Reisen was Spezielles waren. Heute ist die Reaktion auf «Ich gehe nach Paraguay»: «Ah so? Ich fliege morgen nach Brasilien.»

Einst galt Reisen ja als Lebensinhalt. Etwa bei jenen, die aus dem Arbeitsleben ausgetreten und nach Indien gefahren sind, um sich selbst zu finden.
Solche hat es gegeben, ja. Vielleicht hat es manchen geholfen. Für mich war immer klar: Dort findest du dich nicht. Wenn du Schwein hast, findest du dich, wenn du danach wieder zu Hause ankommst.

Gab es in Ihrem Leben einen Punkt, an dem Sie das Gefühl hatten, sich suchen zu müssen?
Ja. Dann stellte ich mich vor den Spiegel, und siehe da: Da war ich. So einfach ist das.

Es gab nie eine Phase, in der Sie sich fragten, wie Sie Ihr Leben füllen wollen?
Das nicht. Mein Problem ist ein anderes: Ich denke konstant über alles Mögliche nach. Auch wenn ich einen Sonnenuntergang sehe, rattern die Gedanken, kommen von der Erdumlaufbahn zur Klimaerwärmung. Dieses stetige Rumstudieren kann anstrengend sein, und ich muss auf mich achtgeben. Der Vorteil ist, dass mich immer interessiert, was kommt. Es ist wunderschön, diese alten Fotos durchzuschauen – aber wenn du dich bloss am Früher festhältst, passiert nichts mehr. Dann bliebe bloss die Feststellung: Jetzt bin ich alt.

Im Hintergrund von Peach Webers Webcam hängt eine Landschaftsmalerei, die das Berner Oberland zeigt. Sie stammt vom kaum bekannten Maler Enrico Janin.