100 Wörter: Unwohl in der eigenen Gesellschaft
Das Gerücht, dass sich im heimischen Sprachgebrauch inzwischen neun verschiedene Wörter für Zuhausebleiben etabliert hätten, war ebenso falsch wie jenes, dass die indigenen Völker des nördlichen Polargebiets mindestens über ebenso viele für Schnee verfügten. Daran änderte auch die Tatsache nichts, das gerade Letzterer, der seit Tagen im Verbund mit einer sibirischen Affen- oder Saukälte auftrat, auch jene zum Zuhausebleiben animierte, die sich um Verordnungen und Erlasse nur ungern scherten, meist aus überzeugtem Individualismus. Aufgrund dessen sie mindestens neun Alleinstellungsmerkmale der eigenen Person nannten, nicht aber erklären konnten, warum sich gerade solch interessante Menschen in der eigenen Gesellschaft derart unwohl fühlten.
Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held», «Stirb, schöner Engel», «Mordgarten») und lebt in Zürich. Letzten Herbst ist sein neuster Köbi-Krimi, «Pöschwies», im Bilgerverlag erschienen. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen. Eine Auswahl unter dem Titel «100 Mal 100 Wörter» sowie «Mordgarten» und «Pöschwies» sind im WOZ-Shop www.woz.ch/shop als Buch erhältlich.