Medienfreiheit in Slowenien: Marschall Twito greift durch
Der slowenische Premier Janez Jansa will die Medien unter Kontrolle bringen. Dabei orientiert er sich an Viktor Orbans Stil. Doch ist er auch so erfolgreich?
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban könnte ein Patent auf die Methoden anmelden, wie man unabhängige Medien rechtlich sauber ausschaltet oder unter Kontrolle bringt: Kürzlich wurde dem letzten noch nicht auf Linie gebrachten Sender, Klubradio, die Frequenz entzogen. Alles völlig legal, nach den Gesetzen, die vom regierenden Fidesz so formuliert worden waren.
Ähnliches scheint Janez Jansa vorzuschweben, dem seit knapp einem Jahr zum dritten Mal regierenden Premier im Nachbarland Slowenien. Er liegt in einem Dauerclinch mit der Presse, der er vorwirft, fest in der Hand von Linken und Frauen zu sein.
Orchestrierte Kampagnen
Jansa, der seine politische Karriere als Reformkommunist begann, fühlt sich heute in Gesellschaft autoritärer Politiker besonders wohl. International für Aufsehen sorgte er, als er Donald Trump voreilig zum Wahlsieg gratulierte. Tagelang verbreitete er danach auch die Mär vom gestohlenen Wahlsieg. Wie Trump äussert er sich vorzugsweise über Twitter, was ihm den Spitznamen Marschall Twito eingetragen hat – dies in Anspielung auf den ehemaligen jugoslawischen Staatschef Tito.
Zu Viktor Orban pflegt er nicht nur eine zur Schau getragene Freundschaft, sondern unterstützt ihn auch politisch. In der Auseinandersetzung zwischen der EU, Ungarn und Polen wegen des Abbaus der Rechtsstaatlichkeit – auch Artikel-7-Verfahren genannt – steht Jansa hinter den osteuropäischen Kollegen. Anders als Orban verfügt er allerdings über keine Zweidrittelmehrheit im Parlament, die es ihm erlauben würde, die Umgestaltung im Eiltempo durchzuziehen.
Jansa sieht sich selbst von der teilstaatlichen Presseagentur STA schlecht behandelt. Er geht deshalb gegen fast alle Medien des kleinen Landes vor, das zur Jahresmitte den Vorsitz im Europäischen Rat übernehmen wird. Dabei setzt er auf eine Doppelstrategie: Zum einen sollen Reformen der Mediengesetzgebung grösseren Durchgriff erlauben, zum anderen werden Medien, die zu kritisch sind, nach dem Vorbild von Donald Trump als Produzenten von Fake News verunglimpft.
Als Ausrede dienen der Regierung gerne angebliche Regeln aus Brüssel. So stoppte das staatliche Presseamt im vergangenen Dezember die Zuschüsse für die Agentur STA. Derartige Subventionen seien mit den europäischen Wettbewerbsregeln nicht vereinbar. Erst als EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager klarstellte, dass staatliche Hilfen für Presseagenturen erlaubt seien, wurden die Gelder wieder freigegeben.
Für den nationalen JournalistInnenverband DNS handelte es sich beim Angriff auf die STA um «einen weiteren Versuch, die Agentur zu zerstören». In einer Stellungnahme wird Klartext gesprochen: «Wir haben dasselbe bereits im benachbarten Ungarn erlebt.» Auch das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit ist auf Slowenien aufmerksam geworden. Im jüngsten Bericht wird eine «Schmutzkampagne gegen Regierungskritiker» beanstandet.
Im Visier der Regierung steht unter anderen der Investigativjournalist Blaz Zgaga. Nachdem ihn die Regierung über einen Privatkanal, an dem Jansa beteiligt ist, als «Lügner» beschimpft hatte, erhielt er anonyme Todesdrohungen. Zgaga gilt als Spezialist für Sicherheitsthemen und Geheimdienste. Vor über zehn Jahren deckte er den Patria-Skandal auf, einen Rüstungsdeal, bei dem Jansa Schmiergelder angenommen haben soll.
Die Journalistin Lili Bayer hat für das europäische Politikmagazin «Politico» mit mehr als einem Dutzend KollegInnen in Slowenien telefoniert: «Viele von ihnen beschuldigen Jansa, den Hass gegen öffentlich-rechtliche Reporter und Herausgeber anzufachen, was zu Drohanrufen, bedrohlichen Briefen, E-Mails und Postings in sozialen Medien führte.» Einige Herausgeber hätten wegen der Drohungen die Polizei eingeschaltet. «Die Journalisten stellen zudem fest, dass der Druck zu einer Selbstzensur führt.» Seit ihrem Bericht steht Bayer selbst im Fokus einer orchestrierten Medienkampagne in Slowenien.
Heikle Themen sind rechtsextreme Bewegungen, Jansas Trump-freundliche Tweets sowie ungarische Investitionen in Slowenien. Geschäftsleute aus dem Dunstkreis von Viktor Orban haben insbesondere in slowenische Medien investiert, was im vergangenen November sogar Gegenstand einer Debatte im Europaparlament war. Neben dem TV-Sender Nova24TV, an dem Jansa mit anderen Parteifreunden beteiligt ist, werden auch die Zeitschrift «Demokracija» sowie Radiosender und Webportale «im Wesentlichen von Orban finanziert», sagt die Balkanologin Svetlana Slapsak in einem Interview: «Im Gegenzug ebnet die Regierung dem ungarischen Kapital in Slowenien den Weg.»
Installierte Getreue
Die in Slowenien lebende serbische Intellektuelle wirft Jansa vor, nach Orbans Vorbild die Kontrolle über alle Staatsinstitutionen zu übernehmen. Er installiere seine Getreuen im Sicherheitsapparat, in der Justiz, selbst in den Direktionen von Spitälern und in Kultureinrichtungen.
Die Gefahr, dass Janez Jansa seine Macht ähnlich wie sein ungarisches Vorbild zementiert, bleibt indessen gering. Seine rechtsnationale Slowenische Demokratische Partei hält im Parlament nur 25 von 90 Sitzen. Justiz und Universitäten haben bisher ihre Unabhängigkeit bewahren können. Und Mitte Februar hat Jansas Regierung einen Misstrauensantrag nur knapp überstanden. Weitere könnten folgen.