Neues aus der Wissenschaft: Müm ist jetzt gleich Müm

Nr. 13 –

Sosehr wir regionale Vielfalt schätzen: Globale Standards können nützlich sein, und bei manchen kann man nur staunen, dass sie bislang fehlten. Oder hätten Sie gewusst, dass der Meeresspiegel nicht überall gleich hoch ist? In Deutschland etwa ist er 31 Zentimeter höher als in Italien und sogar einen halben Meter höher als in Spanien. Gemeint ist der offiziell gemessene Pegel der Höhe Null, die topografischen Karten als Basis dient. Diese Ungleichheit führt immer wieder zu Konflikten. So konnten sich China und Nepal, die sich den höchsten Berg der Welt teilen, über Jahrzehnte hinweg nie über die Höhe des Mount Everest einigen.

Auch der Schweiz und Deutschland bescherte die Ungleichheit im Jahr 2003 ein Scharmützel. «Der Fehler liegt auf Schweizer Seite», hiess es von deutscher Seite, als beim bereits fortgeschrittenen Bau der Hochrheinbrücke, die das badische mit dem aargauischen Laufenburg verbinden sollte, plötzlich klar wurde, dass sich die beiden Seiten in der Mitte um 54 Zentimeter verpassen würden. Und alles nur, weil sich Deutschland auf den Meeresspiegel der Nordsee, die Schweiz hingegen auf jenen des Mittelmeers bezieht.

Da kommt der völkerverbindende Akt aus der Geodäsieforschung zwar spät, ist aber hochwillkommen: Ein Team unter der Leitung der Technischen Uni München hat mit dem Internationalen Höhenreferenzsystem (IHRS) endlich den «Meeresspiegel für alle» geschaffen. Es basiert auf Satellitendaten, aus denen die Münchner globale Modelle des Erdschwerefeldes berechneten – denn die ungleiche Stärke und Ausrichtung der Schwerkraft ist verantwortlich für die Verteilung des Wassers in den Ozeanen. Der «Meeresspiegel für alle» ist damit ein hypothetischer Wert.

Ob er längerfristig friedensstiftend wirkt, bleibt angesichts der Klimaerhitzung abzuwarten. Zumal KüstenbewohnerInnen Ende dieses Jahrhunderts auf der hypothetischen Höhe Null nicht nur nasse Füsse bekommen, sondern nur noch mit Taucheranzug und Sauerstoffflasche unterwegs sein dürften.

Der Rhein als Zufluss ist für Letzteres nicht verantwortlich, und auf dem Mount Everest ist der Sauerstoff auch für alle gleich dünn.