Kost und Logis: Flexigan werden

Nr. 18 –

Bettina Dyttrich hat nichts gegen pflanzenbasierte Tiere

Nach den beiden Pestizidinitiativen steht schon bald der nächste agrarpolitische Richtungsentscheid an: die Massentierhaltungsinitiative. Sie will, dass Nutztiere in der Schweiz nach Biostandards gehalten werden müssen. Mir gefällt sie, weil die neue Regelung – wie bei der Initiative gegen synthetische Pestizide – auch für importierte Lebensmittel gelten soll. Und weil sich hier Leute, die die Nutztierhaltung eigentlich grundsätzlich ablehnen, die Mühe gemacht haben, trotzdem herauszufinden, welchen Umgang mit Tieren sie vertretbar fänden. Die Initiantin und grüne Zürcher Nationalrätin Meret Schneider sucht oft den Kontakt zu LandwirtInnen, hört ihnen zu und diskutiert. So fühlen sich die Menschen ernst genommen, die bei einem Ja das Ganze schliesslich umsetzen müssten. Auch wenn man sich nicht unbedingt einig wird.

Vielleicht hilft diese Initiative, die festgefahrenen Debatten über Tierhaltung und Fleischessen produktiver zu machen. Denn es würde viel mehr bringen, wenn die vielen regelmässigen FleischesserInnen ihren Konsum halbieren, als wenn sich einige wenige für ein radikal veganes Leben entscheiden. Fleisch muss nicht ganz von den Tellern verschwinden, aber wieder zur Besonderheit werden: «Rückkehr zum Sonntagsbraten» nennt es die Gruppe Landwirtschaft mit Zukunft. Nur mit einem deutlich tieferen Fleischkonsum ist eine vernünftige Landwirtschaft und Agrarpolitik möglich, nur so muss weder Fleisch noch Futter importiert werden; die verbleibenden Tiere fressen Gras und ein paar Nebenprodukte vom Acker; Überdüngungs- und Nitratprobleme gehen zurück.

Und an den Tagen ohne Sonntagsbraten lohnt es sich, mit veganen Rezepten zu experimentieren. Trotz Karin Hoffstens Kritik (siehe WOZ Nr. 16/2021 ) finde ich viele pflanzliche Fleischersatzprodukte ganz gut. «Poulet» aus Erbsen- und anderen Pflanzenproteinen zum Beispiel – die Konsistenz stimmt, und seien wir ehrlich: Auch «richtiges» Pouletgeschnetzeltes hat nicht sehr viel Eigengeschmack. Ich bin sicher, dass die meisten Leute den Unterschied nicht merken, wenn sie das Erbsenhuhn mariniert oder mit einer guten Currysauce serviert bekommen. Biozertifiziert sollte es allerdings trotzdem sein.

Noch weniger energieaufwendig ist schlichtes Räuchertofu, mit dem sich der Geschmack von Speck erfreulich gut faken lässt. Zum Beispiel in veganen Krautfleckerl: Klein gehackten Weisskabis mit Zwiebeln anbraten, bis er braun ist, dann abwechselnd mit und ohne Deckel, aber ohne Wasser fertig garen. Statt mit Salz mit Sojasauce würzen. Die Räuchertofuwürfel brät man am besten separat an und gibt sie gegen den Schluss dazu.

Richtig Erstaunliches stellt das Start-up Wild Foods aus Kiental BE mit Räuchern an: Es macht Lachs aus Rüebli. Und zwar richtig guten. Das ist keine versteckte Werbung hier, ich kenne diese Leute nicht persönlich. Soviel ich weiss, werden sie sowieso schon von Fans überrannt.

Bettina Dyttrich ist WOZ-Redaktorin.