Von oben herab: GuetFella
Stefan Gärtner über hochkarätig besetzte Schweiz-Werbefilmchen
Schweiz Tourismus will es wissen, und wer es wissen will, schreibt ein «Manifest» und wickelt die «NZZ am Sonntag» darin ein: «Was bei anderen Ziel heisst, heisst bei uns Standard. Zeit, diesem Standard einen Namen zu geben. Wir nennen es», also ihn, «Swisstainable. Swisstainable steht für Exzellenz. Swisstainable dient uns als Wegweiser. Denn wir wissen: Je mehr wir die Natur unberührt lassen, desto mehr kann sie uns berühren» und so weiter – da bleibt kein Auge trocken und keine Reiselust unberührt, zumal sich dem «Swisstainable» noch gewissermassen ein «Swissentertainable» hinzugesellt: In einem Spot, in dem Roger Federer freundschaftlich mit Robert De Niro (!) telefoniert, weigert der sich, einen «Switzerland film» zu drehen, denn die Schweiz sei «zu perfekt»; er, De Niro, brauche aber Drama, Reibung, Abenteuer: «Maybe call Hanks.» Der Claim: «When you need vacation without drama, you need Switzerland.» Das ist natürlich bombig, wenn auch Schweiz Tourismus sich über die Höhe des Steuergelds für die beiden Spitzenkräfte nicht auslassen will und De Niro als makelloser Schauspieler eigentlich wieder sehr gut zur perfekten Schweiz passen würde.
Den Kniff nennt man übrigens «Apophase»: über etwas reden, indem man sich weigert, über etwas zu reden, und also spielt Robert De Niro, der in keinem Schweizfilm mitspielen will, nun in einem Schweizfilm mit, der natürlich allerhand mit Alpen, Kühen und Skifahren zu tun hat. Einer wie De Niro kann ja schlechterdings in jedem Film mitspielen, und automatisch überlegt man, ob der Film, den De Niro jetzt eben doch gedreht hat, auch mit Bruno Ganz funktioniert hätte: In der Schweiz, hätte sich Ganz speichelschleudernd ereifern müssen, gebe es zu wenig Hitler; er, Ganz, brauche aber Hitler: «Federer, rrrufen Sie lieber einen brrraven blonden deutschen Jongen an!»
Und also riefe Federer Til Schweiger an, und der sässe in der Kapuzenjacke in seinem geschmacklosen deutschen Filmstarhaus in Hamburg herum (De Niro: New Yorker Bilderbuchapartment, vielleicht sein eigenes!) und müsste nuscheln: Also die Schweiz, nee, die sei ihm zu intelligent – er brauche etwas Dummes, Billiges, Lächerliches, und hier könnte ein wirklich lustiges Drehbuch dann Federer feinstironisch einwenden lassen: Da habe er, Schweiger, recht, billig sei die Schweiz nicht! «Ruf Schweighöfer an!», sagt Til dann noch, was aber eine blöde Empfehlung ist, denn Schweiger und Schweighöfer, das liegt nicht nur lautlich furchtbar eng beieinander. Schweighöfer würde am Ende sogar zusagen, denn wenn er irgendwo mittut, ist es garantiert Käse.
Ob Federer die Telefonnummer von Arnold Schwarzenegger hat? Schwarzenegger wäre vermutlich dabei; er braucht zwar gleichfalls Drama, aber vor allem braucht er Sachen, die er kaputtmachen kann. Und wo ginge das besser als in der heilen Welt der Schweiz? Die zudem so gnadenlos effizient ist, dass der Terminator den Kampf gegen die Maschinen (Guy Parmelin, Magdalena Martullo-Blocher) ohne Weiteres und mit Grund fortsetzen könnte.
Aber nach dem Filmchen mit Robert De Niro ist sowieso klar, dass hier nur einer die Massstäbe setzt: Es ist dem grossen Mann nämlich jederzeit anzumerken, dass er im Leben nicht daran dächte, sich von Schweizer Tennisprofis in die lahme Schweiz quatschen zu lassen, auch wenn es Federer ja nun wirklich versucht und seinen begeisterten Blick auf die «Swiss Alps» teilt, wo er gerade so herrlich entspanne, wie es wirklich nur in den Swiss Alps geht. «Good for you», sagt De Niro da, und zwar so überlegen und geradezu mokant, wie es nur De Niro sagen kann: Denn was gut für Roger Federer ist, ist noch lange nicht gut für Robert De Niro, den man sich auf einer Bündner Berghütte, beim Sechseläuten oder neben Ueli Maurer nun wirklich nicht vorstellen will. Stichwort Standard, oddr.
Stefan Gärtner (BRD) war Redaktor bei der «Titanic» und ist heute Schriftsteller und «linksradikaler Satiriker» («Die Zeit»). An dieser Stelle nimmt er jede zweite Woche das Geschehen in der Schweiz unter die Lupe.