Bettelverbot: Das erneute Basler Kesseltreiben

Nr. 21 –

Seit bald einem Jahr läuft die hysterische Betteldebatte in Basel. Vielleicht etwa hundert BettlerInnen aus Südosteuropa bitten jeweils in der Innenstadt um Geld, seit das Totalverbot aufgehoben worden ist. Das nutzt vor allem die marginalisierte SVP, um Stimmung zu machen. Die Basler Regierung hat jetzt einen neuen Vorschlag für ein Verbot vorgelegt – und dabei eine juristische Schlaumeierei begangen. Ein absolutes Verbot kann sie nicht erlassen, weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein solches unlängst für unzulässig erklärte. Also will die Regierung Betteln vor Bahnhöfen und Banken, vor Läden, Wohn- und Geschäftshäusern und zahlreichen weiteren Orten mit Busse bestrafen, wenn ein Abstand von fünf Metern zum Eingang nicht eingehalten wird. Damit wird das Betteln in der Stadt faktisch wieder untersagt.

Rechtlich zulässig ist das kaum. Passives Betteln darf nach dem EGMR-Urteil nur verboten werden, wenn es die öffentliche Sicherheit und Ordnung stört. «Das ist nicht der Fall, wenn jemand vor einem Geschäft oder in einer Unterführung sitzt und bettelt», sagt die Juristin Raphaela Cueni, Lehrbeauftragte an der Uni Basel. Sie hat eine Analyse zum EGMR-Urteil veröffentlicht, die von der Basler Regierung punktuell zur Legitimation des neuen Verbots herangezogen wird. Doch Cueni kritisiert das geplante Gesetz scharf, es sei viel zu weit gefasst und unverhältnismässig. Dazu verbietet es das Betteln «in organisierter Art und Weise», ein Passus, der zu einer diskriminierenden Anwendung des Verbots verwendet werden könnte, sagt Cueni, da er auf Romagruppen gemünzt sein dürfte.

Ihre Einwände dürften ungehört bleiben. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament will das Verbot per Eilantrag durchpeitschen – ohne Beratungen in der zuständigen Kommission. Immer noch möglich ist dann eine sogenannt abstrakte Normenkontrolle vor dem Bundesgericht und danach dem EGMR. Dafür müsste aber jemand klagen. Es ist zu wünschen, dass dem beschämenden Kesseltreiben gegen Arme spätestens dann ein Ende gesetzt wird.