Klimaspuren: 4. Woche: In der Klus

Nr. 26 –

Klus heisst ein Felsenschlupf zwischen Oensingen und Balsthal. Der Ort war jahrzehntelang eine der gigantischsten Treibhausgasschleudern weitherum. Hier gossen 5000 Arbeiter für Von Roll Eisen und Stahl zu Dohlendeckeln und Heizkörpern, zu Armaturen und Rohren. Heute rumort und raucht es nicht mehr; in den Hallen sind allerhand kleine Firmen untergekommen, ein Tanzhaus und auch eine grosse Anlage, in der aus Sägemehl und Holzschnitzeln täglich 240 Tonnen Holzpellets gebacken werden. Viele ArbeiterInnenhäuser und -wirtschaften sind geschlossen. Da und dort blinzelt ein Schmuckstück der Baukultur hervor, ein Teil der Klus gehört zum nationalen Inventar schützenswerter Ortsbilder.

Links und rechts des Fabrikbachs ist eine bunte Pflanzen- und Tiergesellschaft entstanden. Doch es donnert hier auf engem Raum der Verkehr; Pendlerinnen wollen nach Hause, Lastwagen suchen einen günstigen Weg in den Jura, Busse fahren im Takt, auch eine Eisenbahn hat es, die in Balsthal aufhört. Die Strassen und die Schiene sind an Barrieren und Kreiseln verknotet und sorgen dafür, dass die Pendlerinnen am Morgen und am Abend stecken bleiben – vier Minuten, wie der Kanton ausgerechnet hat. Doch freie Fahrt für freie Bürger ist ein höheres Menschenrecht als ein halbwegs erträgliches Klima für deren Enkelinnen. Also sollen eine Brücke, hoch über die Häuser gespannt, und ein kurzer Tunnelbogen durch einen Berg die geplagten AutomobilistInnen retten.

Gegen diesen Unsinn wehrt sich die BürgerInneninitiative «Läbigi Klus». Die StimmbürgerInnen des Kantons Solothurn werden dank eines Referendums im September über das 80-Millionen-Vorhaben abstimmen. Von Chur bis Klus, von Zürich bis Biel, von Bern bis Genf notiere ich die Strassenausbaupläne. Und ich schreibe zufrieden dazu: Rosengarten abgelehnt, Westast Biel gebodigt, St.-Luzi-Brücke in Chur ein Hirngespinst. Da wird meine Zuversicht auch gegen die Überwerfung und Löcherung der Klus reichen.

Mitwandern? Unter www.klimaspuren.ch anmelden. Am Erscheinungstag dieser WOZ (1. Juli 2021) lädt Benedikt Loderer um 19 Uhr im St. Gervais in Biel zu seinem Theaterstück «Der Drachentöter oder wie Biel seine Stadtautobahn verloren hat.»