Lohnschere-Report: Oben wird abkassiert

Nr. 26 –

Die Coronapandemie führt wie die grossen Wirtschaftskrisen davor zu einer Umverteilung von unten nach oben. Wer nicht zum Topmanagement gehört, wer keine Anteile und kein Kapital hat, verliert. Wer Besitz hat, gewinnt. Ein Automatismus, der jedes Virus überdauert. Eine neue Erhebung der Unia zur Lohnschere untermauert diesen Befund. Die Gewerkschaft hat die 37 grössten Unternehmen der Schweiz unter die Lupe genommen und festgestellt, dass das Coronajahr für die Teppichetage ein Jahr wie jedes andere war.

Die grösste Lohnschere tut sich einmal mehr beim Basler Pharmakonzern Roche auf, wo Severin Schwan als CEO mit 14,6 Millionen Franken fast 300-mal mehr verdiente als der oder die Angestellte mit dem tiefsten Salär. Und bei der Ems-Chemie sackte die Eigentümerfamilie Blocher deutlich mehr Geld ein, als sie all ihren ArbeitnehmerInnen bezahlte. Auf der anderen Seite gerieten Angestellte mit Tieflöhnen in existenzielle Nöte. Wie eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH unlängst aufzeigte, verloren Haushalte mit einem Einkommen von unter 4000 Franken 20 Prozent ihrer Einkünfte. Zugleich verschlechterte sich die psychische Gesundheit der Befragten in diesem Segment deutlich. Gesamthaft fehlen Schweizer Haushalten durch die flächendeckend angeordnete Kurzarbeit im letzten Jahr laut Unia 2,6 Milliarden Franken in der Kasse.

Vierzehn der grössten Unternehmen setzten Angestellte auf Kurzarbeit und zahlten gleichwohl Dividenden an die AktionärInnen aus. Eine Regelung, die das verhindern sollte, scheiterte im bürgerlich dominierten Parlament. Fast 11 Milliarden Franken betrugen diese staatlichen Beihilfen im letzten Jahr – Steuergelder, die teilweise ohne Umweg in die Taschen der KapitalgeberInnen wanderten. Nüchtern hält die Unia fest: «Ein reiner Appell an die Moral und gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen reicht nicht aus.»