Vergewaltigung: Skandalöse Urteilsrevision

Nr. 31 –

Weil das Opfer in der Tatnacht «die falschen Signale» ausgesendet habe, hat ein Vergewaltiger vor Gericht nun Glück gehabt. Am Freitag vergangener Woche minderte das Basler Appellationsgericht die Strafe für einen 32-Jährigen von vier Jahren und drei Monaten auf drei Jahre Gefängnis. Aufgrund der teilbedingten Strafe – der Mann ist nicht vorbestraft – kommt er somit nach eineinhalb Jahren frei. In gut einer Woche schon ist es so weit. Auch die Genugtuungszahlung an das Opfer und die Dauer des gegen den portugiesischen Staatsbürger verhängten Landesverweises hat das Appellationsgericht reduziert.

Gemäss Gerichtspräsidentin Liselotte Henz habe die Frau «mit dem Feuer gespielt». Sie wurde im Februar 2020 in den frühen Morgenstunden vor ihrer Haustür vom 32-Jährigen und einem zweiten Mann, der zum Tatzeitpunkt noch minderjährig war, vergewaltigt. Im Ausgang, von dem die beiden ihr späteres Opfer nach Hause begleiteten, habe die Frau nämlich mit einem anderen Mann ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt. Eine Handlung, die das Gericht zu der Annahme verleitete, dass «Safer Sex» für die Frau «kein Thema» sei. Die beiden Männer, so die Quintessenz des Urteils, hätten das vermeintlich frivole Verhalten der Frau als Einladung zu nicht konsensuellem Sex, zu Deutsch einer Vergewaltigung, verstanden. Ausserdem, so Henz, liege auch deswegen nur ein «mittleres Verschulden» vor, weil der Übergriff kurz gewesen sei und keine bleibenden physischen Schäden bei der Frau nach sich gezogen habe. Elf Minuten soll die Vergewaltigung laut Anklageschrift gedauert haben.

Das Urteil des Appellationsgerichts verdeutlicht einmal mehr, dass die Verankerung der Konsensregel («Nur Ja heisst Ja») im Schweizer Sexualstrafgesetz eine absolute Notwendigkeit darstellt, die keinen weiteren Aufschub duldet. Für das dreiköpfige RichterInnengremium empfiehlt sich derweil eine Beurlaubung. Schliesslich ist sein Entscheid ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es nicht in der Lage ist, zeitgemässe Urteile zu fällen.