Syrien: Flucht aus dem Exil

Nr. 41 –

Ein junger Syrer flieht vor dem Bürgerkrieg in den Libanon und möchte weiter nach Europa. Der Weg dahin führt ihn zurück in sein Herkunftsland – und in den Tod.

Illustration: CRISTÓBAL SCHMAL

Es war während des Ramadan, an einem Freitag im April 2021, als Kaysar Mohammad ein letztes Mal versuchte, die Grenze zu überqueren. Ein Seil war über den Fluss Orontes gespannt, der die Region Idlib im Nordwesten Syriens von der Türkei trennt. Zusammen mit weiteren Flüchtenden war er schon auf der anderen Seite angekommen, wartend, dass der Schlepper sie über das Feld weiterführen würde. Da überlegte Mohammad es sich plötzlich anders. «Er sagte, dass er zurückwolle, dass er heute nicht in die Türkei wolle», teilt der Schlepper Mohammads Bruder Siad in einer Sprachnachricht mit.

Siad lebt zu jener Zeit seit fünfeinhalb Jahren im ostdeutschen Chemnitz. Die wenigen Minuten Sprachnachricht sind alles, was er über die Umstände des Todes seines jüngeren Bruders weiss: wie dieser ein paarmal zwischen dem Flussufer und dem Platz, wo der Rest der Gruppe wartete, offenbar unentschlossen hin- und herging. Bis er nicht mehr zurückkam. Wie nach einer Weile jemand aus der Gruppe runter zum Flussufer ging, um nach ihm zu suchen. Und wie er Mohammad nahe dem anderen Ufer tot im Wasser treiben sah.

Gut einen Monat zuvor, an einem frühen Morgen, hatte Kaysar Mohammad das Lokal verlassen, in dem er die vergangenen acht Jahre gearbeitet hatte. Das Restaurant in der Stadt Nabatieh im Süden des Libanon war für den jungen Syrer zu einem zweiten Zuhause geworden. Schliesslich war er noch ein Jugendlicher gewesen, als er vor dem Militärdienst in Syrien und dem Bürgerkrieg hierhergeflohen war. Er hatte ein gutes Verhältnis zu seinem Chef, ausserdem waren sein Cousin und viele Freunde aus Syrien ebenfalls hier. Und trotzdem erzählte Mohammad keinem von ihnen von seinen Fluchtplänen. Nur sein Bruder Siad wusste, was er plante: Er wollte den Libanon verlassen und zu Siad nach Deutschland kommen.

Mohammad verliess den Libanon, doch er kam nie in Deutschland an. Es sind sein Bruder und jene, die ihn in Nabatieh kannten, die heute seine Geschichte erzählen: wie Mohammad einen Schlepper bezahlte, der ihn nach Syrien zurückbrachte, ihn an den Checkpoints der Armee vorbei nach Idlib schleuste, weil es für ihn als Syrer kaum einen anderen Weg mehr aus dem Libanon gibt als über jenes Land, aus dem er einst geflohen war. Wie er versuchte, von dort in die Türkei zu fliehen – und dabei starb.

Ausweglos im Libanon

Illustration: CRISTÓBAL SCHMAL

Es ist eine Geschichte, die zum einen davon erzählt, wie verzweifelt die Lage der syrischen Geflüchteten im Nachbarland Libanon heute ist: dort, wo gemessen an der Bevölkerungszahl noch immer die meisten geflüchteten Syrer:innen leben. Vor allem aber ist es eine Geschichte, die sich allen simplen Vorstellungen davon entzieht, was «Flucht» und «geflüchtet» heisst. Mohammad floh nicht direkt aus Syrien. Er lebte bereits seit acht Jahren im Exil, und es war die Ausweglosigkeit dort, die ihn erneut zum Aufbruch zwang. Und doch führte sein Weg abermals über Syrien – aus dem Libanon heraus, der im Süden an den Erzfeind Israel und im Westen an das Mittelmeer grenzt, geht die Route fast zwangsläufig über das Bürgerkriegsland.

Mohammads Ziel war dasselbe wie das von so vielen vor ihm: Europa. Trotzdem wird sein Tod in keiner europäischen Statistik auftauchen. Sein Leben endete, bevor Mohammad es an der türkischen Küste auf ein Boot hätte schaffen und die griechischen Ägäisinseln, den Balkan oder schliesslich Westeuropa hätte erreichen können.

Es gibt ein Foto von Mohammad, das ihn etwa ein Jahr vor seiner Flucht zeigt: Ein Mann Anfang zwanzig, der in blauem Hemd und schwarzer Hose in einem gepflegten kleinen Park steht. Die Hände in den Hosentaschen, blickt er fast skeptisch in die Kamera. «Er war ein junger Mann, der arbeiten und seine Eltern unterstützen wollte», sagt sein Cousin Amdschad Ali*. Er sitzt zusammen mit seinem Freund Madschid Ibrahim* sowie Hassan Ahmed, dem Vater des Restaurantbesitzers, an einem Tisch im Lokal im libanesischen Nabatieh. Hier hatte Mohammad gearbeitet. «Doch dann verschlechterte sich seine Situation, und sein Bruder schlug vor, dass er nach Deutschland kommen solle. Schliesslich wollte er sich, wie jeder junge Mann, irgendwann niederlassen, heiraten, eine Familie gründen.»

Dreizehn Millionen Vertriebene

Kaysar Mohammad stammt aus al-Hasaka, einer Stadt im Nordosten Syriens. Schon dort hatte er angefangen, in einem Restaurant zu arbeiten, da war er noch keine fünfzehn Jahre alt. In den ersten Kriegsjahren floh Mohammad in den Libanon. Er folgte seinem Bruder Siad, der kurz vor ihm Arbeit in dem Shishalokal gefunden hatte, in dem auch Mohammad die kommenden acht Jahre bleiben würde. «Kaysar dachte nicht daran, den Libanon zu verlassen», sagt Siad am Telefon. «Er war zufrieden.»

Zehn Jahre dauert der syrische Bürgerkrieg nun schon. Er verursachte die grösste Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg: Über dreizehn Millionen Menschen wurden vertrieben, rund die Hälfte davon leben im Exil – mehr als eine Million im Libanon, der kaum halb so gross ist wie die Schweiz. Etwas weniger als eine Million gelangten 2015 nach Europa.

Der Grenzfluss Orontes Karte: WOZ

Im Libanon ist die Lage der Geflüchteten schon seit Jahren prekär. 2019 lebten knapp mehr als die Hälfte der Syrer:innen in extremer Armut: viele in improvisierten Zeltlagern an der syrischen Grenze, wo sie sich mit Tagelöhnerjobs über Wasser halten. Dagegen hatte Mohammad, dem seine Arbeit und sein Leben in Nabatieh gefielen, lange Glück. Doch dann traf den Libanon im Herbst 2019 die bislang grösste Wirtschaftskrise seit der Staatsgründung. Das libanesische Pfund verlor bis zu neunzig Prozent seines Werts, die Lebensmittelpreise vervielfachten sich, und ein Ende der Inflation ist noch heute nicht abzusehen. Die Krise traf alle, Libanesinnen und Syrer, die Mittelschicht ebenso wie jene, die zuvor schon prekär gelebt hatten. Heute leben nicht mehr die Hälfte, sondern neunzig Prozent der syrischen Geflüchteten in extremer Armut. Auch Mohammads Lohn sank umgerechnet auf weniger als hundert Dollar und damit auf einen Bruchteil seines ursprünglichen Werts (vgl. «Totalkollaps der Stromversorgung» im Anschluss an diesen Text).

Der Leidensdruck ist so gross geworden, dass manche bereit sind, ihr Leben zu riskieren, um das Land zu verlassen. Seit einem Jahr häufen sich die Meldungen, dass immer wieder Menschen versuchen, mit dem Boot nach Zypern zu fliehen. Meistens werden sie abgefangen und zurückgebracht, selbst wenn sie die zypriotische Küste tatsächlich erreicht haben. Der einzige andere Weg – der zwar nicht weniger gefährlich ist, der es aber kaum in die Nachrichten schafft – führt über Syrien.

Es gibt keine offiziellen Zahlen dazu, wie viele Syrer:innen versuchen, aus dem Libanon über Syrien nach Europa zu gelangen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) registrierte seit 2016 rund 68 000 Syrer:innen, die aus dem Libanon in ihre Heimat zurückkehrten. Doch das sagt wenig aus: zum einen, weil viele Syrer:innen illegal aus dem Libanon in ihr Land zurückkehren, ohne je registriert zu werden; zum anderen, weil niemand sagen kann, wie viele Syrien nach ihrer Rückkehr wieder Richtung Türkei verlassen – oder dies vorhatten.

Doch es scheint, als ob dieser Weg für immer mehr syrische Geflüchtete im Libanon zumindest eine Option ist. «Wenn du in irgendein europäisches Land reisen willst, musst du über die Türkei, weil sie das Tor zu Europa ist», sagt Mohammads Freund Madschid Ibrahim. «Und um von hier in die Türkei zu gelangen, musst du über Syrien. Wir sind gezwungen, unser Leben zu riskieren, um unsere Zukunft zu sichern.»

Das ganze Geld für einen Schlepper

Eine Rückkehr nach Syrien ist eine Reise ins Ungewisse: Lebend in die Türkei zu gelangen, ist nur eine Möglichkeit, wie sie ausgehen kann. Eine andere ist, vom Regime verhaftet zu werden. Amnesty International dokumentierte in einem Bericht von Anfang September 66 Fälle von Gewalt gegen Rückkehrer:innen durch die syrischen Behörden im Zeitraum zwischen dem Sommer 2017 und dem Frühling 2021. Auch der WOZ sind mehrere Fälle von Syrer:innen bekannt, die kurz nach ihrer Rückkehr nach Syrien verschwunden und höchstwahrscheinlich vom Regime verhaftet worden sind. Wenn die Beamten auf dem Handy der Rückkehrenden regimekritische Facebook-Posts finden, kann dies schon für eine Verhaftung reichen. Wer festgenommen wird, verschwindet meist ohne Anklage und Gerichtsverfahren in den Foltergefängnissen des Regimes, und der einzige Weg, wieder freizukommen, führt über Tausende Dollar Schmiergeld an Generäle oder Geheimdienstmitarbeitende mit genügend Einfluss. Nur wenige Familien haben die Möglichkeit, überhaupt so viel Geld aufzutreiben.

Dabei sind die meisten jener, die nach ihrer Rückkehr inhaftiert wurden, legal nach Syrien eingereist. Viele haben Syrien ursprünglich verlassen, um dem Kriegsdienst zu entgehen, der für fast alle volljährigen Männer bis 42 Jahre obligatorisch ist. Wollen sie zurück, können sie dies auf der syrischen Botschaft in Beirut melden. Sie erhalten dann eine Einreisebewilligung, die ihnen wenige Wochen Zeit gibt, bevor sie in die Armee eingezogen werden.

Als Mohammad im vergangenen Frühling mit dem Gedanken zu spielen begann, den Libanon über Syrien zu verlassen, war es dieser Weg über die offiziellen Behörden, den ihm sein Bruder Siad zunächst vorschlug. Er wollte, dass Mohammad zuerst in seine Heimatstadt al-Hasaka reisen würde, damit er seine Eltern noch einmal sehen könnte, bevor er sich auf die gefährliche Weiterreise über die Türkei und Griechenland Richtung Deutschland machen würde.

Mohammad wählte einen anderen Weg. Er habe grosse Angst gehabt, unterwegs vom Regime verhaftet zu werden, sagt Siad. Stattdessen suchte er sich einen Schlepper, der ihn durch das Regimegebiet an den Checkpoints vorbei nach Idlib schleusen würde, das von der Opposition kontrolliert wird. «Militärische Linie» nennen die Syrer:innen im Libanon diesen Weg, weil er an den Checkpoints jeweils die Extraspur nimmt, die Armeeangehörigen vorbehalten ist. Wenn es klappt, umgehen sie damit das Risiko, kontrolliert und verhaftet zu werden.

Dafür bezahlte Mohammad dem Schlepper alles, was er in den vergangenen Jahren gespart hatte: Vor der Inflation wären es umgerechnet 11 000 Dollar gewesen, jetzt sind es noch 2000. Von Idlib aus wollte er versuchen, in die Türkei zu gelangen, um dann weiterzureisen.

«Ich wünschte mir, er wäre zuerst nach Hause gegangen», sagt Siad. «Meine Mutter träumt heute davon, dass sie ihn noch einmal hätte sehen können. Es wäre etwas weniger schlimm gewesen.»

Siad ist über zehn Jahre älter als Kaysar. Man spürt, wie sehr der Tod seines Bruders auf ihm lastet; vielleicht umso mehr, weil Siad, so scheint es, sich immer auch verantwortlich für seinen kleinen Bruder gefühlt hatte. Die ersten Jahre waren die beiden zusammen im Libanon. Siad war es damals möglich, zwischen dem Libanon und al-Hasaka hin- und herzureisen. Bis ihm die libanesischen Behörden einmal auf dem Rückweg die Einreise in den Libanon verwehrten. Siad blieb in Syrien. Nach einer Weile beschloss er, in die Türkei und weiter nach Europa zu fliehen.

«Er war so ein guter Schwimmer»

Das war im Sommer 2015. Zusammen mit Hunderttausenden kam Siad bereits einige Wochen später in Deutschland an. Bevor er abreiste, versuchte er noch, seinen Bruder zu überzeugen, mit ihm mitzukommen. «Doch Kaysar wollte nicht. Er war zufrieden, er hatte ein Zimmer, Essen und Internet, er verdiente genug Geld», sagt Siad. «Und als er schliesslich doch rauswollte, war es zu spät.»

Siad und Kaysar Mohammad: zwei Brüder, die beide vom Krieg aus ihrem Land getrieben wurden, deren Schicksale jedoch durch äussere Umstände, Verschiebungen in der Migrationspolitik und das zunehmend repressive Klima gegenüber Geflüchteten so dramatisch anders verlaufen sind. Nur etwas mehr als fünf Jahre liegen zwischen Siads Ankunft in Deutschland und Kaysars Versuch, dorthin zu gelangen. In dieser Zeit haben Länder wie die Türkei oder der Sudan, in die Syrer:innen davor noch ohne Visum einreisen konnten, die bürokratischen Hürden für eine legale Einreise erhöht. Immer mehr Regierungen liessen Mauern bauen oder ausbauen, sei es an den Aussengrenzen Europas oder an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien. Und selbst für jene wenigen, die es heute noch nach Europa schaffen, sind die Kriterien für Asyl – und damit die Möglichkeit, zu bleiben – immer enger geworden.

Mohammad schaffte es zunächst in wenigen Tagen aus dem Libanon nach Idlib. Doch dort sass er fest. Mehrmals versuchte er, die Grenze zur Türkei zu überqueren – doch er wurde jedesmal von der türkischen Grenzwache erwischt und zurückgebracht. So kehrte er jeweils zurück in das Haus des Schleppers, wo er mit zwölf weiteren Syrern darauf wartete, die Grenze zu überqueren. Siad schickte seinem Bruder Geld, damit er sich Essen und Trinken kaufen konnte. «Er war erschöpft», sagt Siad. «Er war das alles nicht gewohnt, die Müdigkeit, die Kälte.»

Als die Nachricht von seinem Tod den Libanon erreichte, waren seine Freunde bestürzt. «Als wir hörten, dass Mohammad ertrunken ist, dachten wir, das kann doch nicht sein», sagt Hassan Ahmed, der Vater des Restaurantbesitzers in Nabatieh. «Er war so ein guter Schwimmer.» Seine Stimme bricht, als er davon erzählt.

Siad vermutet, dass sein Bruder aus Erschöpfung nicht mehr daran glaubte, auf diesem Weg in die Türkei zu gelangen – und deswegen zurückging. Die Leiche liess Siad zu seinen Eltern bringen. Weil das legal über die Frontlinie nicht möglich war, bezahlte er noch einmal 1500 Dollar an Schlepper für den Transport von Idlib nach al-Hasaka. Am Checkpoint in Manbidsch wollten sie ihn drei Tage lang nicht durchlassen. «Er war in seinem Land und tot», sagt Siad. «Und selbst da musste er noch geschleppt werden.»

* Namen geändert.

Krise im Libanon : Totalkollaps der Stromversorgung

In den Monaten seit Kaysar Mohammad den Libanon verliess, hat sich die Krise im Land drastisch verschärft. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt etwa der Aufruf des Krankenhauses der Amerikanischen Universität in Beirut von Mitte August. Darin teilte die Klinik mit, dass ihre Dieselvorräte für den Stromgenerator zur Neige gingen. Wenn das Spital nicht innert 48 Stunden Treibstoff geliefert bekomme, bedeute dies für 55 Patient:innen, die an ein Beatmungsgerät angeschlossen seien, den sofortigen Tod. Zum Glück zeigte der Aufruf Wirkung, das Krankenhaus erhielt zusätzlichen Diesel. Doch das Grundproblem bleibt: Im Libanon herrscht akuter Mangel an Strom, Treibstoff und Medikamenten – kurz: an den grundlegendsten Gütern. Die Regierung lieferte den Haushalten in den letzten Monaten noch rund eine Stunde Strom pro Tag. Am vergangenen Wochenende brach die staatliche Stromversorgung gar komplett zusammen. Nur weil die Armee kurzerhand 6000 Liter Treibstoff zur Verfügung stellte, konnte zumindest zwischenzeitlich wieder Strom geliefert werden.

Wer es sich leisten kann, erzeugt im Libanon seinen Strom schon länger selbst mit Dieselgeneratoren. Doch allein dadurch klettert die monatliche Stromrechnung auf ein Vielfaches des Mindestlohns und ist für viele unbezahlbar. Wegen des Mangels an Diesel haben selbst Geschäfte und Wohnungen mit Generatoren stundenlange Stromausfälle. Auch Benzin ist zum Luxusgut geworden: Wer sein Auto auftanken will, muss sich einen Tag von der Arbeit freinehmen – so lang sind die Schlangen vor den Tankstellen.

Am 10. September gab der designierte Ministerpräsident Nadschib Mikati die Bildung der neuen Regierung bekannt – dreizehn Monate nachdem der amtierende Premierminister Hassan Diab nach der verheerenden Explosion am Beiruter Hafen seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte. Zwar ist die Bildung einer Regierung der erste Schritt in Richtung der so dringend notwendigen wirtschaftlichen und politischen Reformen. Dennoch haben die meisten Menschen keine hohen Erwartungen an das neue Kabinett.

Mikati, der bereits zweimal das Amt des Premierministers innehatte, wird der Korruption bezichtigt. Viele sehen in ihm einen Vertreter der Politelite, die das Land nicht nur in die grösste Wirtschaftskrise seit der Staatsgründung stürzte, sondern auch die Explosion in Beirut zu verantworten hat, die über 200 Menschen das Leben kostete und ganze Stadtteile zerstörte. Statt dass man sich um Aufklärung bemüht, wurden die Ermittlungen Ende September unterbrochen, nachdem ein ehemaliger Minister, der befragt werden sollte, Beschwerde gegen den Untersuchungsrichter Tarek Bitar eingelegt hatte. Anfang Oktober wurde der Antrag des Exministers jedoch abgelehnt.

Meret Michel