Rentenpolitik: Ein radikaler Senkungspfad

Nr. 44 –

Längst ist klar: Die Bürgerlichen bis hinein in die Mitte wollen die Altersrenten insgesamt erheblich senken. In der Dezembersession wird das Parlament die Erhöhung des Frauenrentenalters definitiv beschliessen. Und auch in der zweiten Säule begeben sich die bürgerlichen Parteien auf einen radikalen Senkungspfad. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-NR) hat die bundesrätliche Vorlage zur beruflichen Vorsorge (BVG) vor wenigen Tagen entkernt.

Dabei ist sie einigermassen ausgewogen: Demnach soll der Umwandlungssatz zwar auf einen Schlag von 6,8 auf 6 Prozent sinken. Aber die Renteneinbussen, die das nach sich zieht, will der Bundesrat für eine Übergangsgeneration mit monatlichen Kompensationszahlungen ausgleichen, solidarisch finanziert durch Lohnprozente. Dieses Kernelement der Vorlage hat die SGK-NR nun bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Neu sollen nur noch sehr wenige künftige Rentner:innen in den Genuss von Ausgleichszahlungen kommen.

Faktisch läuft es darauf hinaus, dass bloss noch Personen, die nicht überobligatorisch versichert sind, eine Kompensation erhalten. Die Renten würden also für fast alle erheblich sinken. Die Finanzierung sollen nicht mehr alle solidarisch über Lohnprozente stemmen. Damit wäre der ursprünglich von Arbeitgeberverband und Gewerkschaften ausgehandelte Sozialpartnerkompromiss hinfällig, den der Bundesrat eins zu eins in seine Vorlage übernommen hatte. Die Schwesterkommission im Ständerat wird den Entscheid der SGK-NR kaum korrigieren.

Das bürgerlich dominierte Parlament ist daran, das Rentensystem auf lange Sicht in ein Almosensystem für weniger gut Betuchte umzubauen, greift also den Kern des Schweizer Sozialstaats an. Dass die Renten für viele zu tief sind, lässt sich übrigens an den Jahr für Jahr wachsenden steuerfinanzierten Ergänzungsleistungen ablesen. Doch das letzte Wort hat nicht das Parlament. Alles läuft bei beiden Vorlagen auf einen Showdown an der Urne hinaus.