Louis Frölicher (1951–2021): Ein Vater des Kollektivs

Nr. 47 –

Die Erzählrunde im «Ziegel oh Lac» konnte nur stattfinden, wenn Louis anwesend sein würde – so viel war klar. Es sah schlecht aus. «Louis ist bei seiner 91-jährigen Mutter im Piemont», hiess es. Doch plötzlich, nur Tage vor der Vernissage des Rote-Fabrik-Buchs, die Meldung: «Louis kommt!» Und er kam. Der 25. September war der Tag, an dem viele Zürcher Bewegte Louis Frölicher endlich wieder einmal sahen, nachdem der «Ziegel oh Lac»-Kollektivist 2016 mit 65 Jahren in Pension gegangen war. Davor hatte dieser warmherzige, kluge, schelmische, solidarische Mensch die wichtigste Kulturkantine der Stadt mitgeprägt und zur Wunderbeiz gemacht, die sie bis heute ist – während 34 Jahren. Ebenfalls drei Jahrzehnte lang half er während der Filmtage jeweils den Freund:innen im «Kreuz» in Solothurn aus. So kannte und schätzte ihn auch die halbe Filmschweiz.

Louis Frölicher wurde 1951 in Pennsylvania geboren, wo er einen Teil seiner Kindheit verbrachte; den anderen in Kriens, als ältestes von fünf Kindern. Das Ethnologiestudium in Zürich führte den Pazifisten zu Indigenen in Mexiko, die Liebe zu den Bergen und zum archaischen Leben auf hiesige Alpen – und jene zur Kultur in die Rote Fabrik. 1983 und 1985 kamen seine Kinder Jonas und Gianna zur Welt – es überrascht nicht, dass der inoffizielle Vater des Kollektivs auch zu Hause ein engagierter Vater war. Und ein geliebter «Nonno».

Louis hatte noch viele Pläne, sagt seine Familie. Voller Lebensfreude wirkte er auch an der Vernissage Ende September. Ein letztes Mal erzählte er aus seinem reichen Anekdotenschatz; wie er John Cage im «Ziegel» zu einem makrobiotischen Teller verhalf und Max Frisch durch ein Treppenhaus voller bierselig grölender Punks zum «Neue Musik»-Konzert lotste. Louis hätte noch so viel zu leben gehabt. Aber wenige Tage nach dem Anlass wurde bei ihm eine heimtückische Krebserkrankung diagnostiziert. Am 10. November verstarb er im Beisein seiner Familie in Zürich. Seine letzten Worte an uns alle: «La vita è bella!»